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Berlin: Betriebssystem im Betriebssytem: Virtualisierung machts möglich

Berlin : Betriebssystem im Betriebssytem: Virtualisierung machts möglich

Manchmal ist nichts, wie es scheint: Gehörte früher zu einer bestimmten Hardware auch ein bestimmtes Betriebssystem, verwischen heute die Grenzen immer mehr. Die Technologie, die das möglich macht, heißt Virtualisierung. Lange nur von Unternehmen eingesetzt, um Kosten zu sparen, können heute auch Heimanwender vom Betriebssystem im Betriebssystem profitieren.

Die Technik der Virtualisierung sprengt die Grenzen von Betriebssystemen: Ob Linux in Windows oder Windows auf Apple-Rechnern - alles ist möglich. Bislang nutzten vor allem Firmen die Technologie. Doch auch für Privatanwender ist sie inzwischen interessant.


Für den Brückenschlag zwischen Windows und Linux ist es schon seit vielen Jahren üblich, das jeweils andere Betriebssystem als „Gast” in einer sogenannten virtuellen Maschine zu installieren - also in einem von Software simulierten Computer.

Mit der Workstation des US-Unternehmens VMware (176 Euro) können Linux-Anwender Windows-Programme in einem Fenster laufen lassen, das die vollständige Windows-Umgebung abbildet. Linux wird dann als „Host”-Betriebssystem bezeichnet, Windows als „Gast”.

„Ich mag die Nutzung von VMWare auf zwei Monitoren”, schreibt ein Mitglied des Technik-Forums „How-To Geek”. „Ich kann meine virtuelle Maschine auf dem zweiten Monitor platzieren und den Host auf dem ersten Monitor.”

Auf die gleiche Weise können auch Mac-Anwender auf Windows zugreifen. „Wir haben uns darauf konzentriert, es so einfach wie möglich zu machen, Windows auf dem Mac zu nutzen”, sagt Stefan Prestele von der Firma Parallels. Deren Virtualisierungssoftware Parallels-Desktop für den Mac (80 Euro) wurde gerade neu aufgelegt.

Die Version 6 soll nach Angaben des Herstellers um 40 Prozent schneller als der Vorgänger sein, was sich besonders beim Start und beim Herunterfahren einer virtuellen Windows-Maschine bemerkbar mache. Mac-Nutzer können die virtuelle Maschine auch für Windows-Spiele und andere grafiklastige Anwendungen einsetzen.

Inzwischen wandern die virtuellen Maschinen auch auf mobile Geräte. Zum Parallels-Desktop auf dem Mac gibt es beispielsweise eine App für iPad, iPhone oder iPod Touch namens Parallels Mobile.

Sobald der Mac eingeschaltet und online ist, kann man die darauf installierte Maschine auch auf dem mobilen Gerät starten. Die Datenverbindung erfolgt entweder direkt im selben WLAN-Netz oder über „Connection Broker” genannte Parallels-Server. „Das läuft dann über unsere Infrastruktur”, erklärt Prestele.

Besonders interessant ist die Verwendung von Parallels Mobile auf dem iPad - dessen Bildschirm ist groß genug, um den Windows-Desktop übersichtlich darzustellen.

Die virtuelle Maschine auf einem Mac-Rechner lässt sich vom iPad aus starten, Windows kann dann auf dem Touchscreen bedient werden. So lassen sich auch Flash-Videos auf dem iPad anschauen, ebenso ist der direkte Zugriff auf Daten der Festplatte möglich.

Mit der Möglichkeit, auch unterwegs auf den Schreibtisch-Computer zugreifen zu können, rückt dieser gewissermaßen in die „Cloud”, wird also zum Teil der großen Internet-Wolke, die flexibel Dienste anbietet und Daten speichert.

Eine von Wyse entwickelte Software für den mobilen Zugriff auf den Desktop daheim heißt denn auch Pocketcloud. Sie basiert auf der Technik des Remote-Desktop-Protokolls (RDP) von Windows, das allerdings nicht von den Home-Versionen der Microsoft-Betriebssysteme unterstützt wird.

Die 12 Euro teure App für iPhone, iPod Touch und das iPad ist dem Hersteller zufolge bisher 170 000 Mal heruntergeladen worden. Auch für Android-Smartphones gibt es eine Version. „Die Pocketcloud ist nicht nur für die IT-Elite interessant”, sagt Wyse-Chefstratege Jeff McNaught. „Wir entwickeln das jetzt mehr in Richtung eines Produkts für die privaten Verbraucher.”

So kann man mit der Pocketcloud auf dem iPad jedes Videoformat abspielen, darunter auch das von Microsoft definierte avi-Format. Er selbst nutze Pocketcloud zum Beispiel, um über die Windows-Software Quicken auch unterwegs Zugriff auf seine Konten zu haben. Der Vorteil virtueller Desktops liegt für McNaught auf der Hand: „Wenn man die wichtigen Informationen in die Cloud schiebt, hat man sie immer greifbar.”