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Masken, Abstand, Öffnungsschritte: Viel Arbeit für die Corona-Sheriffs

Masken, Abstand, Öffnungsschritte : Viel Arbeit für die Corona-Sheriffs

Die von Bund und Ländern vereinbarten aktuellen Corona-Regeln sind komplex. Wie strikt sie kontrolliert werden, darüber entscheiden am Ende Behörden und Geschäftsinhaber vor Ort. Auf Verständnis können sie dabei nicht immer hoffen.

Deutschland ächzt unter der Corona-Pandemie. Viele Bürger sind zu Beginn des zweiten Jahres mit Covid-19 zunehmend ermüdet und teils gereizt. Das bekommen auch die Mitarbeiter von Ordnungsamt und Polizei zu spüren, die im Alltag die jeden Monat etwas veränderten Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie durchsetzen müssen.

„Insgesamt wurden in der vergangenen Woche mehr als 500 Verstöße gegen die bestehenden Coronavirus-Regeln, insbesondere in Bezug auf die Maskenpflicht und das Kontaktverbot, festgestellt“, berichtet eine Sprecherin der Stadt Köln. Die überwiegende Mehrheit der Betroffenen reagiere auf Ansprachen der Ordnungshüter zwar einsichtig. Dennoch sei zu erkennen, dass Bürger vor allem auf Hinweise auf die Maskenpflicht „häufiger gereizter reagieren“. Beleidigungen und Angriffe auf Mitarbeiter des Ordnungsdienstes hätten zuletzt deutlich zugenommen. Ein Sprecher der sachsen-anhaltischen Landeshauptstadt Magdeburg erklärt, meist zeigten Angesprochene Verständnis. „Nur sehr selten kommt es zu unsachlichen Diskussionen.“

Polizisten in Sachsen haben ähnliche Erfahrungen gemacht. „Ich bin positiv erstaunt, dass die Mehrheit einsichtig ist“, sagt Hagen Husgen, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Gelegentlich müssten die Einsatzkräfte aber „für die Politik den Kopf hinhalten“, wenn Menschen die neuen Maßnahmen noch nicht verstanden hätten oder deren Sinnhaftigkeit vehement infrage stellten - „und das wird von Woche zu Woche mehr“. Die Beamten müssten sich dann zum Beispiel fragen lassen, „warum das Schuhgeschäft zu hat, der Blumenladen aber geöffnet ist“.

Wenn Bund und Länder über Verschärfungen und Lockerungen entscheiden, orientieren sie sich an Infektionszahlen. Belastbare Daten dazu, wie Regeln tatsächlich durchgesetzt werden, sind aber nicht bekannt. Diese Informationen können am Ende nur lokale Stellen liefern und selbst wenn: Wie genau es ein Ordnungsamt nimmt mit der Überwachung von Vorschriften und wie strikt es sie anwendet, lässt sich in Zahlen kaum erfassen - zumal ein hartes Vorgehen ja nicht unbedingt dazu führen muss, dass Menschen sich eher an Regeln halten.

Die meisten Routinekontrollen betreffen den öffentlichen Raum - vor allem in Parks und auf Promenaden sind die Ordnungshüter bei gutem Wetter unterwegs. In den Geschäften sind sie tendenziell weniger häufig zu finden. Die Berliner Polizei erfasst kontrollierte Örtlichkeiten nach eigenen Angaben nicht systematisch, spricht aber von „gezielten Kontrollmaßnahmen zur Überwachung des öffentlichen Personennahverkehrs und definierter öffentlicher Orte mit einem erhöhten Personenaufkommen“. Der überwiegende Teil der Hauptstadtbewohner zeige Verständnis für die Maßnahmen der Polizei.

Die Stadt Köln hat seit März 2020 in mehr als 2200 Fällen Bußgelder wegen Verstößen gegen das Kontakt- oder Ansammlungsverbot verhängt. Im gleichen Zeitraum wurden dagegen lediglich 25 gewerbliche Verstöße registriert, mit Bußgeldern zwischen 500 Euro und 4500 Euro. In acht Fällen wurde demnach in Köln jemand zur Kasse gebeten, weil trotz Verbots „sexuelle Dienstleistungen“ erbracht wurden.

In Magdeburg wurden im laufenden Jahr bislang rund 170 Verfahren wegen Verstößen gegen die Corona-Regeln eröffnet, darunter nach Stand vom Dienstag sieben Bußgeldbescheide und 103 Verwarnungen. Überwiegend richteten sich die Verfahren gegen Privatpersonen.

Dass dem Friseur die Maske unter der Nase hängt oder ein Kunde im Drogeriemarkt anderen zu dicht auf die Pelle rückt, ruft im Regelfall nur dann das Ordnungsamt oder die Polizei auf den Plan, wenn sich jemand konkret an sie wendet. Das sei eigentlich nur dann, „wenn es Streit gibt“ im Laden, berichtet Torsten Jäger, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei in Schleswig-Holstein.

Die Gereiztheit habe auch in Schleswig-Holstein, wo die Zahl der Corona-Infektionen insgesamt relativ niedrig und die Bevölkerung mehrheitlich verständig sei, leicht zugenommen, sagt Jäger. Das lässt sich seiner Ansicht nach auch daran ablesen, dass die Zahl der gewalttätigen Übergriffe auf Polizisten nicht abgenommen habe, obgleich Anlässe wie Fußballspiele mit Fans und Einsätze im Nachtleben wegen des Lockdowns ausfallen.

Von Handgreiflichkeiten berichten auch Polizisten, die sich um private Feiern kümmern müssen, die wegen der Corona-Maßnahmen verboten sind. Aktiv wird die Polizei hier nur, wenn Nachbarn oder Passanten anrufen und sich beschweren.

Im Friseurgewerbe, das vergangene Woche seine Salons wieder öffnen durfte, ist die Erleichterung über die jüngsten Lockerungen groß. Der Zentralverband informiert mit einer Kampagne über die Regeln. Christian Kaiser von der Münchner Friseurinnung betont, die meisten Friseure hielten sich auch daran. „Schwarze Schafe gibt es natürlich.“ Die Innung informiere, erreiche aber nicht jeden. Bei den Kunden variiere das Verständnis für die Vorschriften mit der Zielgruppe: „Ich habe viele ältere Kunden, die sehr dankbar für unser Hygienekonzept sind.“ Zentralverbands-Präsident Harald Esser, der in Köln einen Salon betreibt, lässt sich nicht auf Diskussionen ein: „Es ist schließlich eine freie Entscheidung der Kunden, zum Friseur zu gehen.“

(dpa)