Aldenhoven/Düsseldorf : Wird Aldenhoven traurige Bundesspitze bei Grundsteuer B?
Aldenhoven/Düsseldorf Der Vorgang ist ungewöhnlich. Abseits von Fraktionszwängen und vor allem unabhängig von den Landtagswahlen am 14. Mai haben sich drei Düsseldorfer Abgeordnete von Rot, Grün und Schwarz aus dem Nordkreis Düren mit der Gemeinde Aldenhoven solidarisch erklärt, die finanziell daniederliegt.
Die Stärkungspaktkommune könne selbst nach größten eigenen Kraftanstrengungen neue schwerwiegende Zusatzbelastungen nur kompensieren, wenn sie den Grundsteuer-B-Hebesatz auf den derzeitigen Spitzenwert im Bundesgebiet erhöhen würde: 1147 Prozentpunkte. Diese Steuer müssen alle zahlen. Sie entfällt auf Wohneigentum und wird auf Mieter umgelegt.
Der Adressat des vierseitigen Schreibens ist NRW-Innenminister Ralf Jäger, der nicht zum ersten Mal von der misslichen Lage in Aldenhoven hört. SOS funken diesmal aber nicht die Betroffenen, sondern Absender einer bunten Koalition aus dem Landtag: Gudrun Zentis (Grüne), Peter Münstermann (SPD) und Josef Wirtz (CDU). Gemeinsam ist diesem Trio, dass es in acht Wochen nicht mehr bei den Landtagswahlen antritt. Ungewöhnlich ist der Vorgang aber schon allein deswegen, weil Vertreter des Regierungslagers und der Opposition den Finger in dieselbe Wunde legen: Das System der Gemeindefinanzierung in NRW ist reformbedürftig.
Die drei scheidenden Abgeordneten aus dem Nordkreis fordern im Brief an Jäger: „Hier ist eine Gesetzesänderung erforderlich.“ Ihr wesentliches Ziel sind die Schwankungen, die das NRW-Finanzsystem bei „unterschiedlich starken Gewerbesteuerjahren verursacht“. Die Gemeinde Aldenhoven liefert dafür ein Paradebeispiel, denn sie hat durch eine Gewerbesteuernachzahlung von 2,1 Millionen Euro — eigentlich Grund zur Freude — nichts als Ärger.
Eine solche Einmalzahlung wird nämlich in der „Steuerkraft“ mitberechnet, wenn das Land im Jahr darauf die Schlüsselzuweisungen festlegt. Unter dem Strich bekommt die Gemeinde nach Angaben der Abgeordneten 313.000 Euro weniger Landeszuschüsse in 2017 aus Düsseldorf überwiesen. Das ist aber nicht alles: Der Gewerbesteuerzahler hat gegen die Nachforderung Rechtsbehelf eingelegt. Es könnte also sein, dass die „Mehreinnahme“ (und die aus Vorjahren) zurückgezahlt werden muss.
Der Gemeinderat hat hierfür Rückstellungen von insgesamt 4,1 Millionen Euro gebildet. Das Geld, das nach Landesdeutung die Steuerkraft erhöht, liegt also in Wahrheit auf Eis. Und wenn es zurückgezahlt werden muss, werden noch Zinsen fällig, die im laufenden Etat unterzubringen sind: 246.000 Euro pro Jahr! Die „Nachzahlung“, die nicht zur Verfügung steht, sorgt im Jahr darauf in Summe für Haushaltsverschlechterungen von rund 560.000 Euro.
Dieser Betrag und höhere Umlagezahlungen an den Kreis Düren (818.000 Euro) machen im Fall Aldenhoven Verschlechterungen von knapp 1,4 Millionen Euro aus. Die Gemeinde hatte 2016 nach Umsetzung eines Konsolidierungsplans mit 80 Punkten und Mehrbelastungen von Bürgern und Vereinen den im Stärkungspakt vorgesehenen Haushaltsausgleich erreicht. Jetzt das neue Dilemma. Daher bitten die drei Abgeordneten den Innenminister, der Gemeinde bei einer tragfähigen langfristigen Lösung zu helfen. Wirtz, Münstermann und Zentis: „Niemandem kann daran gelegen sein, dass Kommunen unseres Bundeslandes wie Aldenhoven vermehrt Deutschlands traurige Spitzenreiter bei den Bürgerbelastungen werden.“
1147 Punkte Grundsteuer B wären der Spitzenplatz.