Kreis Düren : „Wilde 13“: Wenn ein Jugendheim auf Reisen geht
Kreis Düren Wenn es so etwas wie die Idealbesetzung bei einem Job gibt, kommt Jens Musche ihr ziemlich nahe. Musche, 49, ist doppelt qualifiziert: Er ist Erzieher und darf einen Bus fahren. Beides zusammen hat vor 16 Jahren dazu geführt, dass er bis heute täglich in einem rollenden Jugendheim sitzt: Es ist überwiegend blau und mit dem Schriftzug „Wilde 13“ versehen.
So heißt der Jugendbus des Kreises Düren, der seit 2001 die unterschiedlichsten Orte zwischen Nörvenich und Langerwehe, Heimbach und Titz angesteuert hat. Musche ist immer dabei. Er sagt, dass er für seinen Job Leidenschaft und Authentizität braucht.
Musche hat jeden Tag mit jungen Menschen zu tun, meist sind sie zwischen 8 und 14 Jahre alt. An diesem Montag kommen sie an die Grundschule in Schlich, weil sie wissen, dass Musche mit seinen Kollegen da ist. Es dauert nicht lange und sie spielen ein Gesellschaftsspiel mit Talla Gajewski und Swen Falkenstein.
Die beiden unterstützen Musche, sie alle sorgen dafür, dass Kinder und Jugendliche in den Orten, wo es keine Jugendheime gibt, trotzdem eine Anlaufstelle haben. Der Bus kommt immer für zwei Jahre in einen Ort, so sieht es der Vertrag vor, den der Sozialdienst Katholischer Frauen (SkF) mit dem Kreis Düren geschlossen hat.
Jetzt wird das Konzept erweitert. Der Bus legt ab nächstem Jahr in jeder Woche einen Präventionstag ein. Schulen können Jens Musche und sein Team dann anfordern. Musche wird vorfahren und sich dem Thema Alkohol-, Drogen- oder Spielsucht widmen. Aber nicht nur, er ist flexibel und ansprechbar auch für andere Pro-bleme, wenn er gefragt wird. „Wir können mit dem neuen Konzept flexibel auf aktuelle Bedürfnisse reagieren“, sagt Landrat Wolfgang Spelthahn.
Das sei ganz im Sinne des von der Kreisverwaltung propagierten Leitsatzes: „Kein Kind zurücklassen“. Ähnlich sieht das Uli Lennartz, der Geschäftsführer des SkF. Der Bus, die auf ein Kinderbuch von Michael Ende zurückgehende Wilde 13, sei nicht nur Anlaufpunkt, sondern auch Ausgangspunkt für „eine Vernetzung zu den Jugendeinrichtungen vor Ort“.
Kochnische, Computer, Playstation
Der Bus ist ähnlich ausgestattet wie ein Jugendheim, alles ist nur eine Nummer kleiner. Es gibt eine Kochnische, in der Jens Musche und seine Kollegen mit den Kindern Pizza backen, es gibt Computer und eine Playstation. Aber die digitale Welt steht nicht im Vordergrund.
Es komme vor, erzählt Musche, dass manche Kinder nach zwei Stunden Spiel feststellen, dass sie „die ganze Zeit nicht am Smartphone waren“. Wenn das gelingt, ist viel gewonnen. In Schlich haben die Jugendlichen außerdem die Möglichkeit, sich in der Turnhalle zu bewegen. Andernorts gibt es Basketballkörbe oder Fußballplätze.
Dass das formulierte Ziel, Jugendliche bei der Persönlichkeitsentwicklung zu stärken, nicht verfehlt wird, unterstreicht Jens Musche mit diesem Satz: „Mittlerweile kommt ein Mädchen zu uns, dessen Mutter früher schon bei uns gewesen ist. Wir können also nichts alles verkehrt gemacht haben.“ Und er sagt: „Wir brauchen mehr solche mobilen Konzepte.“
Also mehr fahrbare Jugendheime. Und damit auch mehr Typen von seinem Schlag: Pädagoge und Busfahrer in einem.