Städteregion: Verdi-Gewerkschaftssekretär: „Sozialplan beim DRK ist ein Desaster“

Städteregion : Verdi-Gewerkschaftssekretär: „Sozialplan beim DRK ist ein Desaster“

Es ist schon seit längerem ein offenes Geheimnis, dass das Verhältnis zwischen dem Betriebsrat des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in der Städteregion und der Gewerkschaft Verdi ziemlich unterkühlt ist. Von unterschiedlichen Ansichten und fehlenden Absprachen war da nicht selten die Rede — allerdings stets hinter vorgehaltener Hand. Jetzt erhält die Geschichte eine neue Qualität, und sie wird öffentlich.

Denn in bemerkenswert scharfer Form meldet sich Harald Meyer zu Wort. Der Gewerkschaftssekretär hat den Sozialplan unter die Lupe genommen, den Geschäftsleitung und Betriebsrat für die angekündigte Sanierung vereinbart haben. Und er kommt zu einem vernichtenden Urteil: „Das ist ein grotten-grausames Desaster.“

Dass Entlassungen, wie sie das Deutsche Rote Kreuz in rund 100 Fällen angekündigt und zu einem Großteil auch schon vollzogen hat, bei Gewerkschaften auf Widerstand und Kritik stoßen, ist der Regelfall. Eine Ausnahme aber bildet die heftige Verbalattacke von Harald Meyer gegen den Betriebsrat. Schließlich beanspruchen beide für sich, die Interessen der Arbeitnehmer zu vertreten.

Keine angemessenen Abfindungen

Eben diese sieht der Verdi-Mann im vorliegenden Fall stark vernachlässigt: „Dieser Sozialplan enthält keine angemessene Abfindungssumme.“ Und: „Auf Basis dieser Vereinbarung haben die Kollegen so gut wie keine Chance auf eine erfolgreiche Kündigungsschutzklage.“

Was aber ist genau passiert? Im März hatte das städteregionale DRK aufgrund akuter finanzieller Schwierigkeiten ein Sanierungskonzept angekündigt. Im Juni konkretisierte die Geschäftsführung ihre Pläne gegenüber unserer Zeitung und kündigte die Entlassung von insgesamt rund 100 Mitarbeitern in unterschiedlichen Abteilungen an — Kitas und Rettungsdienst ausdrücklich ausgenommen.

Zu diesem Zeitpunkt liefen die Gespräche mit dem Betriebsrat über die Modalitäten der Umsetzung auf Hochtouren. Im weiteren Verlauf einigten sich beide Seiten auf einen sogenannten Interessenausgleich mit Namensliste. Bei diesem wird nicht nur die Zahl der zu entlassenden Mitarbeiter festgelegt, sondern die Betroffenen werden namentlich bezeichnet. „Das ist das schlimmste Verfahren, das man als Betriebsrat erleben kann“, betont Gabi Bockmühl auf Nachfrage unserer Zeitung. Doch die Vorsitzende des Gremiums schiebt gleich hinterher: „Wir haben uns auf diese Vereinbarungen eingelassen, damit die Arbeitsplätze der verbleibenden 600 Kollegen langfristig gesichert werden können.“ Das 13-köpfige Gremium habe trotz intensiver Suche keine Alternative gefunden. „Dabei haben wir natürlich Juristen hinzugezogen, die auch an den Sitzungen teilgenommen haben.“

Den guten Willen stellt auch Harald Meyer nicht grundsätzlich in Frage. Absolut nicht einverstanden ist er aber mit dem ausgehandelten Sozialplan. „Wenn man sich als Betriebsrat an der Aufstellung einer solche Namensliste beteiligt, dann ist es üblich, dass es als Gegenleistung hohe Abfindungssummen gibt. Beim DRK gibt es die aber nicht.“

In der Tat sind die finanziellen Leistungen, die der Sozialplan beinhaltet, sehr überschaubar. Vereinbart wurde ein „Härtefallfonds“, in den das Deutsche Rote Kreuz 250 000 Euro zahlt. Für Meyer ist das ein Unding, kommen doch rein rechnerisch auf jeden betroffenen Mitarbeiter lediglich 2500 Euro. Für Bockmühl hingegen ist es das Bestmögliche, was unter den schwierigen Bedingungen erreichbar gewesen sei. „Wenn das DRK die Möglichkeit zur Zahlung hoher Abfindungen hätte, wäre es gar nicht zu einem solchen Verfahren gekommen“, betont die Betriebsratsvorsitzende. Und die Mittel aus dem Härtefallfonds stuft sie als gar nicht so gering ein. „Sie sollen dazu beitragen, dass die gekündigten Kollegen außerhalb des DRK eine berufliche Zukunft haben werden.“ Beispielsweise durch die Finanzierung von Qualifizierungsmaßnahmen.

Auch das Deutsche Rote Kreuz weist die Kritik des Gewerkschafters zurück. „Der Sozialplan orientiert sich an den aktuellen wirtschaftlichen Gegebenheiten“, betont Markus Heim. Und der Geschäftsführer fügt hinzu: „Die Abfindungen, die Verdi fordert, können wir nicht leisten.“

Bleibt die Frage, warum Gewerkschaft und Betriebsrat nicht an einem Strang ziehen. Zwar werden Interessenausgleich und Sozialplan, das ist im Betriebsverfassungsgesetz klar geregelt, von Arbeitgebern und Betriebsrat verhandelt und abgeschlossen. In den meisten Fällen aber ist die zuständige Gewerkschaft an den Prozessen beteiligt — direkt durch Betriebsratsmitglieder, die ihr angehören und mit am Verhandlungstisch sitzen. Und indirekt durch (juristische) Beratung im Hintergrund.

Beim DRK trifft das nach Aussage von Harald Meyer nicht zu. „Natürlich war uns die schwierige wirtschaftliche Lage bekannt. Wir sind aber zu keinem Zeitpunkt an den Verhandlungen zum Interessenausgleich und zum Sozialplan beteiligt worden.“

Gabi Bockmühl, und das verwundert in diesem Zusammenhang wenig, stellt die Sache gänzlich anders dar: „Harald Meyer ist seit Ende vergangenen Jahres in die Angelegenheit involviert. Warum er jetzt behauptet, nicht beteiligt gewesen zu sein, ist mir ein Rätsel.“