Heinsberg: Übungsphasen statt Stress in der Schule

Heinsberg : Übungsphasen statt Stress in der Schule

Die Erwartungen sind hoch. Und die Begeisterung ist deutlich zu spüren. Sechs Lehrer, vier Schüler und zwei Elternvertreter versuchen derzeit das Projekt „Gebundene Ganztagsschule” am Kreisgymnasium Heinsberg in seiner Planung auf die Beine zu stellen, das im Sommer 2010 in die Tat umgesetzt werden dürfte.

„Wir haben eine große Wunschliste im Hinblick darauf, was der Ganztag leisten soll”, spiegelt Schulleiterin Annegret Krewald die erwartungsvolle Stimmung wider, in der sich alle Beteiligten befinden. Nicht alle Wünsche würden sich wohl am Ende realisieren lassen. Doch davon, dass der gebundene Ganztagsbetrieb für Schüler und Lehrer gleichermaßen Vorteile bringen wird, sind alle überzeugt.

Schulpflegschaftsvorsitzender Johannes Winkelhorst kann das nur bestätigen. „Mit überwältigender Mehrheit” sei auch in der Elternschaft der Beschluss gefasst worden, die Schulleitung mit der Erstellung eines Konzeptes für die Umsetzung zu beauftragen.

Im Gegensatz zur „Offenen Ganztagsschule”, die sich überwiegend an der klassischen Unterrichtsstruktur der Halbtagsschule orientiert und nach dem Mittagessen ein zusätzliches, freiwilliges Nachmittagsprogramm bietet, habe man sich am Kreisgymnasium bewusst für die „gebundene” Alternative entschieden, so Caroline Wolff, Lehrerin für Deutsch und Französisch. „Wir wollten etwas Festes, Ordentliches haben, damit verpflichtende Dinge laufen.”

Dennoch räumt Annegret Krewald ein: „Wir wollen den verbindlichen Teil, an dem jeder Schüler teilnehmen muss, gering halten, maximal an drei Nachmittagen in der Woche.” Dann soll es auch keine Hausaufgaben mehr geben - abgesehen natürlich vom Vokabelnlernen. Denn das, so schmunzelt die stellvertretende Schulpflegschaftsvorsitzende Anja Heinrichs, seien ja schließlich keine Hausaufgaben. „Wir wollen nicht noch mehr Unterricht, sondern anderen”, erläutert Krewald.

„Einen, der Übungsphasen enthält und durch eine veränderte Abfolge Stress aus dem Tagesablauf nimmt.” Es sollen Unterstützungsangebote geschaffen und das Lernen stärker individualisiert werden. Das Kollegium erhalte die Chance, die Schüler auch in Situationen abseits der reinen Unterrichtssituation, zum Beispiel in Übungsphasen, zu erleben, was einer individuellen Förderung durchaus hilfreich sei. „Für mich als Lehrerin ist das von Vorteil”, ergänzt Caroline Wolff, „da ich besser sehe, wie sich die Schüler Aufgaben stellen. Ich erhalte ein viel größeres Feedback.”

Der Ganztagsbetrieb wolle den Jugendlichen auch in den Nachmittagsstunden eine sinnvolle Beschäftigung bieten, unterstreicht Annegret Krewald einen wichtigen Ansatz in den Überlegungen. „Schulzeit ist Lebenszeit”, sagt sie. Und diese präge den Menschen für seinen weiteren Weg. Wolfgang Schattow, zuständig für Biologie und Chemie, berichtet in diesem Zusammenhang von seinen guten Erfahrungen, die er schon in den 70er Jahren mit dem nachmittäglichen Schulbetrieb gemacht habe. „Das wäre in der jetzigen Situation aufgrund der Stundendichte nicht möglich”, meint er.

„Durch die Schulzeitverkürzung rutschen alle Gymnasien schleichend in den Ganztagsbetrieb”, sieht Schulleiterin Krewald daher auch die Heinsberger Entscheidung als natürliche Entwicklung an. „Die ab Klasse acht geforderte Stundenzahl liegt kaum noch unterhalb des Ganztagsbetriebes, ohne jedoch die Vorteile des Ganztagsbetriebes nutzen zu können.” Dazu gehört auch die personelle Aufstockung um 20 Prozent.

Auch die Schüler selbst stehen dem Ganztagsbetrieb positiv gegenüber, wie der ehemalige Schülersprecher Patrik Cieslik erklärt: „Die Schüler könnten den Nachmittag effektiver nutzen. Es ist wesentlich günstiger, wenn man den Lehrstoff Ômal am Nachmittag mit anderen durchgehen kann.” Und seine Nachfolgerin Miriam Voßenkaul ergänzt: „Man sagt immer, wir könnten nachmittags nicht mehr konzentriert arbeiten, aber wir müssen ja auch die Hausaufgaben zuhause machen. Das geschieht dann in der Schule.”