Spenden-Praxis variiert in den Kommunen
Heinsberger Land. „Schweren Herzens” und mit „einer Faust in der Tasche” habe Aachens Oberbürgermeister Jürgen Linden der Einstellung des Verfahrens gegen ihn durch eine Zahlung von 14000 Euro für gemeinnützige Zwecke zugestimmt.
Wegen des Verdachts der Vorteilsnahme in zwei Fällen hatte die Kölner Staatsanwaltschaft ein Verfahren gegen ihn eingeleitet. Es ging um Firmenspenden, die Linden als Verwaltungschef für Vereinszwecke weitergeleitet hatte: zum einen 100.000 Mark von Babcock, dem Erbauer der MVA Weisweiler, für die Jugend von Alemannia Aachen.
Zum anderen 40.000 Mark der Firma Braun und Trienekens, Auftragnehmer der Müllabfuhr in den Aachener Stadtbezirken, die sozialen und kulturellen Zwecken zuflossen. Linden bekräftigt nach wie vor, dass er die Rechtsauffassung der Staatsanwaltschaft nicht teile. Er behauptet sogar, das Entgegennehmen und Durchleiten von Spenden sei nicht nur bei Bürgermeistern, sondern allen Mandatsträgern bis hin zum Bundeskanzler gängige Praxis. Unsere Zeitung befragte einige Bürgermeister der Region, ob dies tatsächlich der Realität entspreche.
„Am 1. Januar 2000 ist die Einkommensteuer-Durchführungsverordnung geändert worden”, erläutert Heinsbergs Bürgermeister Josef Offergeld, „seit diesem Zeitpunkt sind die Vereine, die als gemeinnützig anerkannt sind, unmittelbar berechtigt, Spenden entgegen zu nehmen und Spendenquittungen auszustellen. Seitdem ist die Stadt an der Spendenabwicklung nicht mehr beteiligt.” Im Aachener Fall habe er jedoch den Eindruck, so Offergeld, „dass es nicht in erster Linie um die Spendendurchleitung ging, sondern dass Handlungen der Verwaltung im Zusammenhang mit den Spenden untersucht worden sind. Aber zu diesem Fragenkomplex kann man sich seriös nur äußern, wenn man den Sachverhalt genau kennt”.
Es sei sicher nicht so, meint Bürgermeister Willi Otten aus Selfkant, dass die Aachener Praxis bei allen Bürgermeistern vorherrsche. „In den Dimensionen wäre mir das zu riskant.” Bei kleinen Beträgen - so um die 500 Euro - räumt Otten jedoch ein, dass diese schon einmal gegen Spendenquittung an Vereine weitergeleitet wurden.
„Ich selber”, sagt Bürgermeisterin Hedwig Klein lächelnd, „nehme nie eine Spende entgegen. Ich nehme höchstens mal eine mit.” Um sie dann aber sofort bei der Stadtkasse abzuliefern, versichert sie glaubhaft. In Wegberg nämlich gibt es klar definierte Regeln, wie mit Spenden umzugehen ist: Spenden über 1000 Euro müssen vom Hauptausschuss abgesegnet werden, alle Beträge darunter sind Geschäfte der laufenden Verwaltung und werden vom zuständigen Fachamt brief- und siegelmäßig quittiert.
Seit mit Werner Schmitz 1999 ein Mann aus der Wirtschaft Chef der Verwaltung in Hückelhoven wurde, hat sich das Verhältnis zu Spenden dort grundlegend geändert: „Bis zu meinem Amtsantritt hat man von Seiten der Stadt nie nach Geldgebern für Projekte gesucht,” sagt Schmitz.
„Es war verpönt, auf Unternehmer zuzugehen, weil bei den Dezernenten die Aufassung bestand, dass dadurch ein bisschen Abhängigkeit immer hängen bleibt.” Er freilich habe da keine Berührungsängste und bisher auch nur gute Erfahrungen gemacht: „Ich habe ja schon viel erlebt als Bürgermeister. Aber noch niemals hat mir jemand gesagt: Ich habe dir geholfen, jetzt musst du mir mal helfen.”
Auch Kollege Erwin Mathissen in Erkelenz hat eine klare Maxime: „Jeder kann bei uns für alles spenden.” Ob man die milden Gaben ebenso freudig annimmt - das sei eine ganz andere Sache. Auf keinen, auf gar keinen Fall dürften aus den Spenden Ansprüche hergeleitet werden. „Da kommt es maßgeblich auf das Fingerspitzengefühl an.”