Kreis Düren : Runder Tisch zeigt Lösungen bei hohen Stromkosten auf
Kreis Düren Die Zahlen hatten eine alarmierende Wirkung: Rund 120.000 Mal wurden Kunden im Jahr 2010 in Nordrhein-Westfalen Strom und Gas sperrt. Für die Schulden- und Insolvenzberatung der Evangelischen Gemeinde zu Düren war dies der Anlass, andere soziale Beratungsstellen, regionale Energieunternehmen sowie Vertreter von Kommunen und Ämtern zu einem Runden Tisch einzuladen.
Das Ziel: Die Akteure sollten Kooperationsmöglichkeiten ausloten und nach Möglichkeiten suchen, den Schuldnern bereits frühzeitig zu helfen, um eine Sperrung zu verhindern. Nach regelmäßigen Arbeitssitzungen stellten die Akteure nun die ersten Ergebnisse ihrer Arbeit vor. Dazu gehört eine Informationsbroschüre, die in allen Beratungsstellen kostenlos erhältlich ist.
Fast nie ohne Vorgeschichte
„Wir wollen das Problem öffentlich machen, weil die Betroffenen aus Scham nicht von ihrer Not erzählen“, führte Peter Becker von der Schulden- und Insolvenzberatung in das Thema ein. „Gestiegene Energiekosten und hoher Verbrauch führen weiterhin dazu, dass viele finanzschwachen Kunden Rechnungen nicht mehr bezahlen können“, fügte seine Kollegin Dietlinde Folger-Kastrau hinzu. Oft habe eine Sperrung, die im Gebiet der Stadtwerke Düren und Jülich im vergangenen Jahr etwa 100 Mal vorgekommen sei, eine lange Vorgeschichte.
Von einer „Vogel-Strauß-Politik“ wussten Lydia Bauer (RWE Vertrieb) und Sigrid Baum (Stadtwerke Jülich) zu berichten: „Der Kopf wird in den Sand gesteckt.“ „Den Menschen ist bewusst, dass etwas kommen wird, aber Energieschulden haben in der Wahrnehmung nicht die höchste Priorität“, erklärt Dietlinde Folger-Kastrau. Werde zu spät Rat gesucht, breche das System der Verschuldung und Überschuldung „irgendwann in sich zusammen“.
Es sei daher im Interesse aller Beteiligter, es erst gar nicht zur Sperrung kommen zu lassen — und schon bei geringen Fehlbeträgen an einer Lösung zu arbeiten. Zum einen bedeutet das, auf kostenlose Energiesparangebote der Energieversorger und Beratungsstellen hinzuweisen. „Vielen Kunden ist gar nicht bewusst, welche Möglichkeiten es bereits gibt“, sagt Marita Schulz-Becker von den Stadtwerken Düren.
So gebe es beispielsweise die Möglichkeit, kostenlos sogenannte Prepaid-Zähler zu installieren, die online „aufgeladen“ werden können und es den Nutzern ermöglichen sollen, mehr Gespür für die Energieausgaben zu bekommen. Berater von In Via und die Energiesparfüchse der Evangelischen Gemeinde stehen kostenlos für Beratungen zur Verfügung, um Stromfresser in den Wohnungen zu finden und nach Alternativen zu suchen. Die Schulden- und Insolvenzberater stellen ihr Know-how zur Verfügung, um Wege aus der Verschuldung zu finden. Tipps und Tricks kann auch die Verbraucherzentrale beisteuern.
Ein Erfolg des Austausches ist es auch, dass beispielsweise zwischen den Stadtwerken Düren und der Jobcom eine Absprache besteht, wie bei Zahlungsrückständen von Sozialleistungsempfängern Ratenvereinbarungen getroffen werden können. Auch die Stadtwerke Jülich sind diesem Weg gefolgt. „Es muss uns auch gelingen, die Vermieter ins Boot zu holen“, weist Jak Strack, Energiesparberater der Stadtwerke Düren, auf ein weiteres Handlungsfeld hin. Oft führe eine falsche Handhabung von Nachtspeicherheizungen zu höheren Energiekosten.
„Nicht jeder Mieter weiß mit dieser Technik umzugehen“, sieht er auch die Vermieter in der Pflicht. Mit einem Vorurteil räumte Peter Becker auf: „Menschen, die Unterstützung erhalten, verbrauchen nicht mehr Strom“, betont er. Eine Diskussion um „faule Hartz-IV-Empfänger“, die vor dem Fernseher sitzen, sei wenig zielführend. „Hilfreicher wäre es, den Ansatz für Energie bei der Grundversorgung den tatsächlichen Kosten anzupassen.“