Heinsberg : „Romanproduzentin” Kerstin Gier liest und verteilt Weisheiten
Heinsberg „Kerstin, wie?” - Gier! „Gier, wie Lust auf??” Ja, in der Tat. Man muss sie als Mann nicht unbedingt kennen: Kerstin Gier ist Autorin, schreibt Romane für Frauen und Frauenversteher - und das seit 1995.
Seither sind das so viele, dass man sagen könnte: Sie produziert geradezu Romane, übrigens auch noch unter zwei Pseudonymen. Eine ständig wachsende Leserschar beschert der sympathischen Mittvierzigerin dauerhaften Erfolg.
Nun war sie auf ihrer jüngsten Lesereise in Heinsberg. Die Besucherresonanz in der Buchhandlung Gollenstede war rekordverdächtig. Die Stühle mussten eng gestellt werden, damit der Hörerkreis nicht zu weit von der Protagonistin entfernt war. Die wenigen Männer, offensichtlich „Eingeweihte”, konnte man an einer Hand abzählen.
Komödiantisches Talent
Dann kam sie: Nett, mittelgroß, mittelblond, mittelschick, mit großem Schal um den Hals. Und eigentlich war es ein Überfall: Nach den ersten zwei Sätzen war es um die Distanz geschehen. Sie hatte sie alle auf ihrer Seite. Ein komödiantisches Talent und eine bestechende Schlagfertigkeit, die sie auch noch stimmlich hervorhob, sorgten dafür, dass der ganze Abend von Kichern bis zuweilen lautem Auflachen der Besucher begleitet wurde.
Es dauerte eine Weile, bis Kerstin Gier ihren Blick erstmals ins Buch senkte, sie hatte ja so viel im Voraus zu erklären. Und eigentlich hätte man sich gewünscht, sie würde so weitermachen. „Kurzweilig” ist kein Ausdruck für die Erzählweise dieser Frau, die sich äußerst amüsiert vor allem dem anderen Geschlecht widmet.
Ihr Roman „Auf der anderen Seite ist das Gras viel grüner” ist die Geschichte von Kati, die mit Felix glücklich verheiratet ist - und dann Mathias kennenlernt, sich in ihn verliebt, was Fragen aufwirft?
Aber es ist hier nicht die Geschichte, die fesselt, sondern die Erzählweise der Frau, die mit einer spritzig-kecken Eloquenz Gas gibt, bei der ein Gag den nächsten jagt.
Kerstin Gier spricht „frau” aus der Seele.
Den Inhalt des Buches, den Kerstin Gier auszugsweise wiedergab, würzte sie mit „praktischen Tipps” wie: „Wenn sie sich in einen Mann verlieben, obwohl sie glücklich verheiratet sind, küssen sie ihn ruhig. Tun sie es! In 85 Prozent aller Fälle hat sich das dann erledigt.” Der Beifall machte stutzig. Offensichtlich kennt sich nicht nur die Autorin aus. Und überhaupt strotzt das Buch vor Lebens- und Liebesweisheiten, die - so die Verfasserin - meist intensiv recherchiert sind.
Eigene Erfahrungen
Gier weiß aus eigener Erfahrung, wie einem die Welt nach acht Caipirinha erscheint und wie es ist, hastig einen Hasch-Brownie zu verschlingen, damit das Kind ihn sich nicht in den Mund schiebt?
Die herzerfrischende Art der Kerstin Gier sorgte für einen intensiv-fröhlichen Abend, womit die Buchhandlung Gollenstede mal wieder Gespür zeigte, für das was ankommt. Das bestätigten auch die Gäste, wie zum Beispiel Janine Wolter und Yvonne Jansen: „Wir haben Tränen gelacht und wären die ganze Nacht geblieben, wenn die Autorin weitergelesen hätte.”
Der „Quoten-Mann” kam aus Gummersbach. Er war für seine Freundin gekommen und hatte 180 Kilometer Anfahrt in Kauf genommen, um „die Mutter einer großen Fangemeinde” live zu erleben.
Für ihn, wie für die rund 150 weiteren Besucher, hatte sich der Abend in der Buchhandlung gelohnt und darüber hinaus neugierig gemacht, auf die weiteren geheimen Verkaufsschlager der Autorin, bei denen es nicht nur um Boutiquen, Schokolade und schöne Schuhe geht, sondern auch mal um Kochrezepte, Klavierlehrer und Cappuccino.