Heinsberg: Reiz der Frühklassik auf Spinett entfaltet

Heinsberg : Reiz der Frühklassik auf Spinett entfaltet

Seit über drei Jahren bemüht sich die in Heinsberg ansässige Johann-Lütter-Stiftung mit Erfolg um die Aufführung und Publizierung der Werke des Komponisten und Kirchenmusikers Johann Lütter (1913-1992).

Nach der großen Resonanz bei der Premiere fand nun vor zahlreichen Musikfreunden aus der Region ein weiteres Benefizkonzert für die Lütter-Stiftung im Hause Lütter in Heinsberg statt.

Gastgeberin Ingeborg Lütter bedankte sich besonders bei dem Kölner Kirchenmusiker und Verleger der Johann-Lütter-Werke, Christoph Dohr: Er hatte sich erneut spontan bereit erklärt, als Interpret aufzutreten.

Christoph Dohr spielte auf einer von J.C. Neupert gefertigten Kopie eines Spinetts aus der Werkstatt des berühmten Straßburger Orgelbauers Johann Heinrich Silbermann. Christoph Dohr interpretierte die von ihm ausgesuchte Cembalomusik des Barocks und der Frühklassik hochkonzentriert bei spielerischer Leichtigkeit und schöner Transparenz.

Bei den Divertimenti D-Dur (Opus 1, Nummer 1) und Divertimento A-Dur (Opus 1, Nummer 5), stellte der Interpret den Cembalovirtuosen Georg Christoph Wagenseil (1715-1777) als erfolgreichen Komponisten von seiner besten Seite vor: witzig die Musik, mit virtuosem, blendenden Figurieren und schmachtend-em-pfindsamen langsamen Sätzen. Wagenseils Musik brachte eine von Virtuosität geprägte Heiterkeit in ein Konzert, das an anderer Stelle von religiösem Ernst geprägt war.

So entfaltete Christoph Dohr den Choral „Christus, der ist mein Leben” mit den zwölf Partiten von Johann Pachelbel (1653-1706) zu einer musikalischen Andacht, die der Heinsberger Propst Albert Honings - passend zur Stimmung der Fasten- und Passionszeit - mit Meditationen unterlegte, ebenso wie die Interpretation des Pachelbel-Chorals „Was Gott tut, das ist wohlgetan” mit neun Partiten.

Als Interludium (Zwischenspiel) zwischen den Pachelbel-Chorälen ließ Christoph Dohr die Ciacona Il von Johann Bernhard Bach (16761749) erklingen.

Die rund 20 Variationen über die achttaktige Harmoniefolge der Bassfigur wussten zu gefallen: Sie wiesen den Komponisten als guten musikalischen „Handwerker” aus - wenn auch in einigem Abstand zur Genialität seines berühmten Verwandten Johann Sebastian Bach.

Christoph Dohr erntete für seine Konzertstunde, deren Reiz im Kontrast zwischen lebensfroher Spielfreude und innerlicher Frömmigkeit stand, viel Beifall. Vor allem im frühklassischen Teil wurde das Publikum mit einer Epoche bekanntgemacht, bei der entgegen manch verbreiteter Unkenntnis noch manche musikalische Schätze gehoben werden können.

Das Heinsberger Benefizkonzert der Johann Lütter-Stiftung schlug da eine lobenswerte wie nachahmenswerte Bresche in vielleicht allzu bekanntes Musikgehege.