Städteregion: Pilotprojekt an Grundschulen: Kräfte bei der Inklusionshilfe bündeln

Städteregion : Pilotprojekt an Grundschulen: Kräfte bei der Inklusionshilfe bündeln

Der Name ist ähnlich kompliziert wie die Angelegenheit als solche: Mit der Einrichtung der „Koordinierungs- und Beratungsstelle für schulische Inklusionshilfe“ (Kobsi) schlägt die Städteregion in diesen Tagen einen neuen Weg bei der Integration von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf ein.

Seit Montag ist das zu diesem Zweck gegründete achtköpfige Team erstmals in voller Stärke im Dienst. Ihm gehören zwei Mitarbeiterinnen in der eigentlichen Beratungsstelle im Haus der Städteregion sowie sechs Inklusionshelfer an, die sich in einer Pilotphase auf ebenso viele Grundschulen mit gemeinsamem Unterricht für behinderte und nicht behinderte Kinder konzentrieren werden. Ausgewählt wurden hierfür die Grundschulen Bildchen, Düppelstraße, Gut Kullen (alle in Aachen) sowie Hermann-Josef (Alsdorf-Hoengen), St. Andreas (Baesweiler) und die Dietrich-Bonhoeffer-Grundschule in Herzogenrath.

„In der Städteregion haben wir schon immer eine hohe Inklusionsquote gehabt“, betont Markus Terodde. Deshalb sei mit dem 9. Schulrechtsänderungsgesetz, das Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf seit dem 1. August 2014 das Recht auf einen Platz an einer Regelschule garantiert, „bei uns auch nicht die Welt auf den Kopf gestellt worden“. Die aktuelle Quote von Förderschülern im gemeinsamen Unterricht beziffert der städteregionale Bildungsdezernent mit rund 40 Prozent. „Und das ist ein sehr guter Wert“, unterstreicht Terodde.

Weniger gut findet er hingegen den personellen und organisatorischen Aufwand, der mit der sonderpädagogischen Förderung einhergeht. „Es gibt nach wie vor Hürden im Zusammenspiel der verschiedenen Unterstützungssysteme für Behinderte“, stellt der Dezernent fest. Und hat dabei ganz besonders die Bereitstellung von Integrationshelfern im Auge, wie sie Kindern mit Förderbedarf auf Grundlage der Sozialgesetzbücher VIII und XII zur Eingliederungshilfe zustehen.

„Viele Kinder haben einen Inklusionshelfer, der sie auch im Unterrichtet begleitet. Das führt dann in zahlreichen Fällen dazu, dass mehrere solcher Helfer in einer Klasse anwesend sind, obwohl auch einer für zwei bis drei Schüler ausreichen würde“, beschreibt Terodde. Ausbildung und Qualifikation des Begleitpersonals seien derweil sehr unterschiedlich. „Und eine Absprache zwischen den Helfern sowie eine gemeinsame Förderplanung gibt es in der Regel nicht.“

An dieser Schwachstelle will „Kobsi“ ansetzen und im Rahmen des jetzt anlaufenden Modellprojekts Inklusionshilfen bündeln. Oder, wie es Markus Terodde formuliert, diese in einem Pool zusammenzuführen. Bei dem Unterfangen wird sich die Städteregion allerdings im Spagat üben müssen. Denn die Bündelung der Kräfte muss in Einklang gebracht werden mit dem individuellen Recht auf Inklusionshilfe. Und auch die behördlichen Kompetenzen gilt es zu berücksichtigen, denn die Eingliederungshilfen fallen, je nach Alter und Art der Behinderung, bis dato in die Zuständigkeit des Jugend- oder Sozialamtes.

Kreis Wesel: Positive Erfahrungen

Erste positive Erfahrung mit der Poolbildung für Inklusionshelfer, die im Gegensatz zu Lehrern als „nicht lehrendes Personal“ geführt werden, hat laut Terodde der Kreis Wesel gemacht. Dort habe sich gezeigt, „dass es sinnvoll ist, die Ressourcen in Schulen zu bündeln und die Arbeit von Helfern zu koordinieren“. Mit dem Einsatz der sechs Inklusionshelfer, die eben nicht über die Eingliederungshilfe einem einzelnen Kind verbindlich zugeordnet sind, will die Städteregion nun erste eigene Eindrücke sammeln.

Das Projekt ist zunächst auf ein Jahr beschränkt. Doch enden soll es nach den Vorstellung von Markus Terodde dann nicht. „Wir werden vielmehr nach zwölf Monaten eine erste Bilanz ziehen, die wir natürlich auch der Politik verlegen müssen.“ Schließlich sei „Kobsi“ haushaltsrechtlich eine sogenannte freiwillige Aufgabe, deren inhaltlicher und finanzieller Wert zu prüfen sei.

Allerdings belastet das Projekt das städteregionale Budget nicht unmittelbar, da die für die Auftaktphase angesetzten Kosten in Höhe von 130.000 Euro in Gänze mit der vom Land gewährten Inklusionspauschale abgedeckt werden können. Um diese Zahl richtig einzuordnen, empfiehlt sich ein Vergleich: Im zurückliegenden Schuljahr 2014/15 sind nach Verwaltungsangaben knapp fünf Millionen Euro für die Inklusionshelfer im Rahmen der Eingliederungshilfe aufgebracht worden.

„Natürlich erhoffen wir uns durch die Einrichtung unserer neuen Koordinierungs- und Beratungsstelle und den veränderten Ansatz beim Einsatz der Inklusionshelfer eine Kostendämpfung“, erklärt Markus Terodde. „Aber es geht vor allem darum, unsere Ressourcen möglichst gezielt und sinnvoll zu nutzen und den Kindern dabei die bestmögliche Förderung zu gewähren.“

Wenn die Bilanz im nächsten Frühsommer positiv ausfallen wird, dürfte zum Schuljahr 2016/17 die zweite Phase beginnen. Dann würde die Arbeit von „Kobsi“ und ihren Inklusionshelfern schrittweise auf alle 64 Grundschulen mit gemeinsamem Unterricht in der Städteregion ausgeweitet.