Heinsberg: Offergelds Verzicht überrascht Politik, Wirtschaft und Klerus

Heinsberg : Offergelds Verzicht überrascht Politik, Wirtschaft und Klerus

Es war zweifellos das Stadtgespräch: Der Verzicht von Bürgermeister Josef Offergeld auf eine erneute Kandidatur hatte die meisten Menschen in der Kreisstadt wohl überrascht.

Egal ob aus Politik, Wirtschaft oder Klerus - die überwiegende Zahl der Befragten äußerte Bedauern über die Entscheidung des Heinsberger Verwaltungschefs, alle jedoch auch Verständnis.

„Die CDU bedauert diesen Schritt”, formulierte denn auch Wilfried Louis, CDU-Fraktionsvorsitzender im Rat, „denn Josef Offergeld hat viel für die Stadt getan. Er hat gewusst, wo die Türen zu öffnen sind.” Er sei sicherlich oftmals „dominant” gewesen in seinem Vorgehen, aber die Ergebnisse hätten dies rechtfertigt. „Ich habe bis zum Schluss gehofft, dass er sich anders entscheidet. Aber bei allem Bedauern, wir müssen es respektieren.” Die CDU sei jedoch gut aufgestellt und werde in der Lage sein, einen würdigen Nachfolger zu finden.

„Herr Offergeld hat unumwunden große Verdienste für die Stadt”, scheute sich auch SPD-Fraktionsvorsitzender Ralf Herberg nicht, seinem politischen Kontrahenten beizupflichten. Egal welche Regierung gerade in Düsseldorf an der Macht gewesen sei, Offergeld habe es stets verstanden, nötige Gelder für die Stadt zu besorgen. „Aus politischer Sicht war er immer ein großer Gegner. Ein Nachfolger wird schwer zu knabbern haben, um ein solches Ergebnis bei den Wahlen zu erreichen.” Einen Vorteil für die SPD durch den Abschied Offergelds kann Herberg allerdings nicht erkennen. „Dass dadurch neue Ideen bei der CDU Einzug halten, bezweifele ich.”

Gisela Johlke hatte am Donnerstag schon so früh das Haus verlassen müssen, dass ihr gar keine Zeit geblieben war, einen Blick in die Tageszeitung zu werfen. Als sie mit der Neuigkeit in Sachen Bürgermeister konfrontiert wurde, war sie daher völlig überrascht. „Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass Herr Offergeld nicht mehr irgendwo mitmischt. Ich finde sein Kandidatur-Verzicht bedeutet aber eine Chance für Heinsberg, Dinge auf eine andere Art anzupacken - ohne die Verdienste schmälern zu wollen. Es wäre sicherlich gut, eine Persönlichkeit zu finden, die außer wirtschaftlichen und juristischen Fähigkeiten auch noch soziale Kompetenzen besitzt und Bürgerbeteiligung ernst nimmt.” Ob Offergelds Rückzug letztlich im Wahlkampf für die Grünen eine Rolle spiele, hänge ganz von seinem Nachfolge-Kandidaten ab.

Der Heinsberger Gewerbe- und Verkehrsvereinsvorsitzende Detlef Chudziak kann die Entscheidung des Bürgermeisters verstehen, gerade dann zu gehen, „wenn es am schönsten ist”. „Ich bin zwar öfters dazu befragt worden, aber ich wusste nicht, welche Entscheidung fallen würde. Ich bedauere es absolut. Herr Offergeld war immer ein sehr fairer, wenn auch knallharter Gesprächspartner für den G&V. Ein Nachfolger wird es am Anfang schwer haben. Einen Favoriten habe ich nicht.”

Es war wohl nicht seine berufliche Nähe zum „Allmächtigen”, die Propst Günter Meis die Entscheidung Offergelds erahnen ließ. Es sei vielmehr ein Gespräch gewesen, das er vor einiger Zeit mit dem Porselener geführt habe, das sein Erstaunen jetzt in Grenzen hielt. „Ich bin dennoch traurig, weil er für unsere Stadt viel Gutes getan hat. Ich habe aber Verständnis dafür, dass er diesen Zeitpunkt ausgewählt hat. Es ist jetzt die letzte Möglichkeit, die er vom Alter her hat, noch einmal etwas anderes zu tun. Und er kann erhobenen Hauptes gehen.”