Aachen : Norden wieder rot, Süden bleibt schwarz
Aachen Erste Jubelschreie bei den Grünen im Haus der Städteregion bereits um kurz nach 18 Uhr, als die Wahlprognose verkündet wurde; wahre Jubelgesänge und -tänze gegen 19 Uhr bei der SPD, als abzusehen war, dass Eva-Maria Voigt-Küppers im ersten Anlauf im Nordkreis ihr Ticket für den Landtag lösen würde - nur bei der CDU standen die Sektflaschen noch gegen 21 Uhr ungeöffnet unter den Tischen.
Kein Wunder: Während der Herzogenrather Reimund Billmann sein Landtagsmandat am Ende doch deutlich an die Genossin aus Würselen verloren hatte, rechnete und zitterte sich der Landtagsabgeordnete Axel Wirtz durch den Wahlabend, bis endlich klar war, dass er den SPD-Newcomer Stefan Kämmerling mit 540 Stimmen auf Abstand halten konnte. Kein großer Jubel danach im CDU-Fraktionszimmer, eher ein Durchschnaufen. „Ein Lichtblick”, meinte denn auch Partei-Grandseigneur Hans Peter Schmitz mit Blick auf die herben CDU-Verluste im Altkreis Aachen von 9,8 Prozent.
„Es hat nicht daran gelegen, was wir vor Ort gemacht haben”, betonte Wirtz, der seit 1999 im Landtag sitzt und am Sonntag von einer „herben Niederlage” sprach. Der holprige Start von Schwarz-Gelb in Berlin, CDU-Defizite in Düsseldorf, aber auch die Griechenland-Krise und die Banken machten Billmann und Wirtz als wesentliche Gründe aus: „Da kann man im Wahlkampf kaum etwas gegen machen”, befand Billmann, der zugleich betonte, dass die Zerwürfnisse innerhalb der Alsdorfer CDU aufgearbeitet werden müssten: „Das hat uns geschwächt.” Befürchtet habe er die Niederlage schon, räumte er ein, aber „gerechnet habe ich nicht damit”.
Und so gehörte der Abend im Haus der Städteregion in weiten Teilen der SPD. Während Kämmerling in Eschweiler den Wahlausgang verfolgte, war die Parteispitze bei ihrer Gewinnerin Voigt-Küppers, die am morgigen Dienstag nicht nur ihren Geburtstag feiert, sondern auch zur konstituierenden Sitzung der Fraktion in den Landtag fährt. Und Voigt-Küppers erklärte: „Klar, war das auch eine Richtungswahl, die von bundespolitischen Themen überlagert wurde. Doch zugleich haben wir mit den sozialen Themen, die ich durch meine Biografie glaubhaft rüberbringe, oder mit den Problemen der Kommunalfinanzen die Befindlichkeit der Menschen getroffen.”
Nun tritt sie in die Fußstapfen von Hans Vorpeil, der den „roten” Wahlkreis bei der vergangenen Wahl nach 20 Jahren an den damaligen Herausforderer Billmann verloren hatte. Sie hatte jedenfalls von Beginn an „ein gutes Gefühl”. Ebenso wie Parteichef Martin Schulz (MdEP). „Wie oft bin ich in den letzten Jahren hier in den Saal gekommen und musste Niederlagen kommentieren! Das ist schon eine große Genugtuung heute Abend”, sagte er. Und mit Blick auf eine mögliche rot-grüne Landesregierung fügte Schulz an: „Ich hoffe, dass wir mit den Grünen in der Region auch noch mal einen Gesprächsfaden knüpfen können. Auch, weil wir jetzt die stärkste Partei in der Region sind.”
Dazu hat Stefan Kämmerling ein gut Teil beigetragen. Ganz gereicht hat es dennoch nicht. „Klar, ich bin enttäuscht”, sagte er. „Aber ich habe gegen Axel Wirtz knapp neun Prozent gut gemacht, das kann man ja nicht wirklich als Niederlage bezeichnen.” Das sieht auch Josef Stiel, SPD-Fraktionschef im Städteregionstag, so: „Stefan hat hervorragend gekämpft. Ihm gehört die Zukunft.”
Ähnlich gute Stimmung wie bei der SPD herrschte bei den Grünen. Werner Krickel, Kandidat im Südkreis, war mit seinem Ergebnis hoch zufrieden, mit dem seiner Partei insgesamt ohnehin. Dagegen herrschte bei der FDP wie bei der CDU Enttäuschung vor. Georg Helg, Fraktionschef im Städteregionstag, räumte ein, dass das Ergebnis für die Liberalen „schlimmer als befürchtet” ausgefallen ist: „Mit acht Prozent hatte ich gerechnet, auf neun gehofft.” Mit knapp über sechs Prozent „kann man doch nicht zufrieden sein”.