Städteregion : Leistungsmissbrauch im Jobcenter der Städteregion bleibt die Ausnahme
Städteregion Es geht um Betrug, Leistungsmissbrauch und Pflichtverletzungen. Und damit um Schlagworte, die bestens zu einer Skandalgeschichte passen würden. Doch eine solche hat Stefan Graaf am Dienstagnachmittag nicht zu bieten, als er die Bilanz des Jobcenters Städteregion zu diesen Themen vorstellt.
Stattdessen fällt sein Fazit durchweg positiv aus: „Die allerallermeisten unserer mehr als 55 000 Kunden sind pflichtbewusst, ehrlich und gewissenhaft“, betont der Geschäftsführer. Und dabei spricht er immerhin von rund zehn Prozent der Gesamtbevölkerung, die in der Städteregion im Rahmen des zweiten Sozialgesetzbuches — besser bekannt als Hartz IV — vom Jobcenter betreut werden.
Gemessen an dieser beträchtlichen Zahl sei der Anteil der festgestellten Fälle von Leistungsbetrug sehr gering, erklärt Graaf. 1750 Auffälligkeiten registrierte das Jobcenter im vergangenen Jahr, wobei es sich bei rund zwei Dritteln (1185) um Vergehen handelte, die als Ordnungswidrigkeit eingestuft und mit einem Verwarngeld geahndet wurden. 565 Mal hingegen wurde die Staatsanwaltschaft aktiv.
„Dort ging es dann um schwerwiegendere Vergehen wie Betrug oder Urkundenfälschung“, erklärt Jobcenter-Pressesprecher Christian Neuß. Unterm Strich macht das eine Quote von gut einem Prozent aus. „Und das ist eine sehr überschaubare Größenordnung“, bilanziert Stefan Graaf.
Enge Zusammenarbeit
Dass die besagte Quote eine große Aussagekraft hat, davon ist Graaf überzeugt, denn: „Wir arbeiten sehr gut und sehr eng mit vielen anderen Behörden zusammen.“ Die Liste der Kooperationspartner reiche von Polizei und Staatsanwaltschaft über die kommunalen Ordnungsämter und das Hauptzollamt bis hin zur Deutschen Rentenversicherung, dem Bundeszentralamt für Steuern und der Minijobzentrale der Bundesknappschaft.
Daraus ergebe sich ein Netzwerk mit vielen Schnittstellen, das in der Praxis den unentdeckten missbräuchlichen Leistungsbezug erheblich erschwere. Eine zentrale Bedeutung komme dabei dem automatisierten Datenabgleich zu. „Rund zwei Drittel der im vergangenen Jahr eröffneten Strafverfahren sind auf diesen Datenabgleich zurückzuführen“, berichtet Jürgen Drews, Leiter des Ermittlungsdienstes.
Das Netz ist also eng, und es wird jetzt noch enger: Als viertes Jobcenter in Nordrhein-Westfalen nach Duisburg, Hamm und Hagen hat das Jobcenter Städteregion Dokumentenprüfgeräte in Betrieb genommen — sowohl in der Aachener Zentrale als auch in den Nebenstellen der Altkreis-Kommunen. „Damit verfügen wir jetzt über die modernste technische Missbrauchskontrolle, die es gibt“, schwärmt Stefan Graaf.
Ausweisdokumente aus nahezu allen Ländern dieser Welt können nunmehr auf ihre Echtheit überprüft werden. „Wir haben dafür die Software des Bundeskriminalamtes hinterlegt“, berichtet Projektleiter Karl-Heinz Czarnitzki. In Zukunft werde es somit enorm schwierig, mit Hilfe von gefälschten Papieren unberechtigte Leistungen zu beziehen. Konkrete Zahlen, wie viele solcher Versuche in der Vergangenheit auch ohne technische Hilfsmittel aufgeflogen sind, hat das Jobcenter nicht. Eine Bezugsgröße, um zukünftige Zahlen einordnen zu können, existieren also nicht.
Für Stefan Graaf ist das aber nicht erheblich: „Es geht um eine effektive Kontrolle und Prävention. Denn unsere originäre Aufgabe ist es, dass nur die wirklich Bedürftigen die Leistungen erhalten, die ihnen zustehen“, betont der Geschäftsführer. Das sei vor allem aus zwei Gründen sehr wichtig: „Wir wollen die Akzeptanz in der Bevölkerung gewähren und zugleich unsere Kunden vor Vorurteilen und unberechtigten Vorwürfen schützen.“ Eine Strafverfolgungsbehörde, das ist dem Geschäftsführer ganz wichtig, sei das Jobcenter nicht. „Wir geben nur den Impuls bei Auffälligkeiten.“
Und so wird denn auch die Polizei informiert, wenn das elektronische Dokumentenprüfgerät den Hinweis auf eine mögliche Fälschung gibt. Die Prüfung findet im Eingangsbereich des Jobcenters statt und ist in der Regel für Neu- und Bestandskunden verpflichtend. Zusätzliche Wartezeiten sind laut Projektleiter Karl-Heinz Czarnitzki nicht zu befürchten: „Der Vorgang nimmt nur wenige Augenblicke in Anspruch.“