Hückelhoven-Brachelen : „Kindergartenplatz müsste kostenlos sein”
Hückelhoven-Brachelen Nach der neuesten Studie der Unesco kommt der Arbeit im Elementarbereich im Gesamtkonzept der Bildung ein ganz besonders hoher Stellenwert zu.
Und auch da, so die Studie, haperts hier zu Lande. unser Redakteur Norbert Schuldei sprach darüber mit Marie-Luise Lischka, der Leiterin des katholischen Kindergartens Am Klosterberg in Brachelen. Dort werden seit Beginn des neuen Kindergartenjahres auch acht Kinder in der heilpädagogischen Gruppe betreut.
Dem Kindergarten wird nicht nur in der neuesten Studie der Unesco eine ganz entscheidende Bedeutung beigemessen. Muss sich die Arbeit im Kindergarten grundsätzlich ändern?
Lischka: Der Kindergarten hat schon immer sowohl einen Betreuungs- wie auch einen Bildungsauftrag gehabt. Erst jetzt wird der breiten Öffentlichkeit der Wert der Bildungs- und Erziehungsarbeit im Elementarbereich bewusst. Die ersten Lebensjahre sind die wichtigsten Bausteine in der gesamten Entwicklung.
Muss künftig mehr Wert auf den Bildungsauftrag gelegt werden?
Lischka: Nein, das sehe ich nicht. Man hat in den letzten Jahrzehnten den Bildungsauftrag des Kindergartens etwas in den Hintergrund drängen wollen.
Mit welcher Begründung?
Lischka: Der Kindergarten sollte ein Feld Elementarbereich sein, in dem das Spiel im Vordergrund steht. Das halte ich auch heute noch für richtig.
Gerade im Elementarbereich lässt sich spielen und lernen doch optimal miteinander verbinden.
Lischka: Genau. Aber man will das spielerische Element des Lernens als Bildungsinhalt wegdiskutieren. Dabei lernen Kinder nirgendwo mehr, als wenn sie spielerisch die Welt erfahren und sich mit den Dingen auseinandersetzen, ihre Umwelt zu erfahren.
Und auch soziale Erfahrungen zu machen.
Lischka: Ja. Und ich denke, dass gerade hier auch der Betreuungsaspekt des Kindergartens seinen ganz besonderen Stellenwert hernimmt. Betreuung hat ja auch etwas mit der Arbeit in der Gruppe zu tun. Gerade Betreuungsrahmen im Kindergarten bietet die Möglichkeit des Lernens sozialer Integration, der Persönlichkeitsentfaltung und Persönlichkeitsentwicklung.
Das sollte doch in erster Linie Aufgabe der Familie sein.
Lischka: Ich glaube schon, dass sich die Welt der Familie wesentlich verändert hat, oft sind beispielsweise beide Elternteile berufstätig. Junge Familien haben deshalb heute ganz andere Bedürfnisse als noch vor wenigen Jahren und nehmen deshalb auch Kindergarten ganz anders in Anspruch.
Damit hat sich natürlich auch der Betreuungsrahmen des Kindergartens geändert: Die Erwartungshaltung der Eltern an die Einrichtung ist gewachsen, sie ist sehr hoch. Wir können den Eltern die Verantwortung für ihre Kinder nicht abnehmen, aber wir können unterstützend helfen, können ihnen Anregungen geben, wo sie in dem schmal bemessenen Freizeitrahmen für ihre Kinder Zeit finden und diese Zeit sinnvoll gestalten.
Die Bedeutung des Kindergartens ist also in den letzten Jahren enorm gewachsen.
Lischka: Man unterschätzt die Arbeit im Kindergarten. Hier wird eine schon im Elternhaus angelegte aufbauende Arbeit geleistet...
...die Kinder kommen mit drei Jahren in den Kindergarten...
Lischka: ...bringen also schon ein Stück Erziehung, ein Stück Bildung mit. Und da müssen wir natürlich den Blick verstärkt darauf richten, dass der Kindergarten das Elementarkonstrukt unseres gesamten Bildungswesens, die Basis ist. Wenn wir ein wackeliges Fundament haben, kann auch der Aufbau nicht auf soliden Füßen stehen.
Ist es dann richtig, dass sich Eltern den Platz im Kindergarten erkaufen müssen?
Lischka: Die Beitragsfrage war schon immer strittig. Dass man heute die Beiträge vom Einkommen der Eltern abhängig macht, ist ja schon ein Fortschritt. Aber wenn man dem Kindergarten im Konzept der Bildungsvereinbarung die Wertschätzung entgegenbringen will, die ihm eigentlich zusteht, dann muss man auch überlegen, ob der Besuch des Kindergarten nicht kostenfrei sein muss.
Muss auch die Ausbildung der Erzieher angepasst werden?
Lischka: Erzieher im Kindergarten waren schon immer mehr Praktiker als Theoretiker. Sie müssten es wieder mehr mit Herz und Seele sein. Aber das kann man nicht lernen.
Trotz allem ist eine qualifizierte Ausbildung nötig.