Aachen : Josef Steinbusch, alias Clown Juppino, ist tot
Aachen „Tränen, die du lachst, brauchst du nicht zu weinen.“ Das war das Motto seines Lebens. In traurige Augen hat Josef Steinbusch fast immer nur dann schauen müssen, wenn er wieder Abschied nehmen musste von den Kindern in den Kriegs- und Krisengebieten des Kontinents, besonders auf dem Balkan.
Vor wenigen Tagen ist Josef Steinbusch, Generationen von Freunden und Bewunderern über viele Jahre hinweg besser bekannt als Clown Juppino, nach langer Krankheit im Alter von 73 Jahren gestorben
Jahr für Jahr auf dem Balkan
Josef Steinbusch war ein Mensch, der sich nicht abfinden konnte und wollte mit Unrecht und Gewalt, vor allem gegenüber den Schwächsten. Als das ehemalige Jugoslawien Anfang der 1990er Jahre zerbrach und ungezählte Unschuldige im beispiellosen Krieg auf dem Balkan ermordet wurden, konnte und wollte er nicht lange tatenlos zusehen. Bereits 1992 gründete er das Aachener Netzwerk für humanitäre Hilfe maßgeblich mit.
Mit ein paar Helfern, ersten kargen Requisiten und einem kleinen Tourbus startete er ein Hilfsprojekt, das bis weit ins neue Jahrtausend von sich reden machen sollte. 1994 brach der gelernte Sozialarbeiter und Bewährungshelfer mit seinem „Zirkus Pinocchio“ zum ersten Mal in die Kriegsregionen rund um Tuzla, Srebrenica und Sarajewo auf.
Bis 2009 besuchte Steinbusch „seine“ Kinder in Bosnien-Herzegowina jedes Jahr — und mit seinem Zirkustross wuchs die Schar seiner Fans. Mit einfachen Mitteln, aber enormer Fantasie vermochte es der charmante Mann mit dem Schnauzbart und der Baskenmütze — wahlweise knallroter Clownsnase —, die Herzen der Jüngsten zu erobern, indem er sie stets einband in seine Vorführungen, ihnen Freude, Hoffnung, ungekanntes Vertrauen in sich selbst und andere schenkte.
„Das Leiden der Kinder“, sagte er einmal, „hat mich verrückt gemacht. Ich dachte mir: Du musst etwas machen.“ So sammelte er unablässig Spenden, indem er mit „Pinocchio“ durch die Region tourte. Er war ein Meister darin, auch die Herzen potenter Sponsoren im Alleingang für neue Projekte zu erobern. Alljährlich war Urlaub für ihn gleichbedeutend mit strapaziösen, oft schwierigen, aber immer beglückenden Expeditionen im Namen des Friedens. Auch in Rumänien, Nordirland und St. Petersburg baute Steinbusch, selbst Vater zweier Kinder, seine Manegen auf, um abertausenden jungen Menschen Freude und Anerkennung zu geben.
Mit dem „Mullefluppet“ geehrt
Er war ein politischer Mensch, selbst ein Kriegskind, aufgewachsen neben den zerbombten Kohlezechen von Alsdorf, ein Mann, der keine Sonntagsreden hielt, sondern zupackte und niemals locker ließ. Er konnte schlitzohrig sein, um seine Ziele im Zeichen wahrer Nächstenliebe zu erreichen. Er liebte es, seine Schützlinge und Helfer gleichermaßen mit immer neuen schelmischen Streichen aus der Reserve zu locken. 1999 wurde er dafür mit dem Mullefluppet-Preis der Aachener Zeitung geehrt.
2007 erhielt Josef Steinbusch den Aachener Friedenspreis für sein unablässiges Engagement gegen Gewalt, Ausgrenzung und Hass. 2009 zwang ihn seine Krankheit, das Kostüm des unbeugsamen, zuweilen melancholischen Spaßmachers abzustreifen. Die tiefe Sehnsucht nach Verständigung aber prägte ihn bis zuletzt. Er war ein Vorbild für ungezählte Menschen. Er war überzeugt davon, dass wahre Humanität sich in Taten bemisst — und dass jeder auf seine Weise einen Beitrag leisten kann, die Welt ein wenig besser zu machen.
Kurz vor Weihnachten ist Josef Steinbusch im engsten Familienkreis beigesetzt worden. „Solange der Herrgott im Himmel keinen Clown braucht, will ich weitermachen“, sagte er, kurz bevor er zu seiner letzten „Pinocchio“-Tour aufbrach. Ein besserer wird selbst dort nicht zu finden sein.