Heinsberg: Jede Menge Knatsch beim Hilfsverein „Wir für Ruanda“

Heinsberg : Jede Menge Knatsch beim Hilfsverein „Wir für Ruanda“

Die Stimmung ist angespannt im Vorstand des Vereins „Wir für Ruanda“ in Oberbruch. Als Vereinsgründer Dr. Bernd Bierbaum die Hilfsorganisation 1994 ins Leben rief, hätte er wohl nie gedacht, dass ihm und seinen Mitstreitern nicht nur afrikanische Behörden das Leben erschweren würden. Mittlerweile kosten auch Zwistigkeiten mit ehemaligen und aktiven Mitarbeitern die Kräfte des mittlerweile 72-Jährigen.

Ein schwer zu durchschauendes Gewirr aus Halbwahrheiten, Anschuldigungen und Entgegnungen mündet derzeit in einem offenen Brief des 74 Jahre alten Pfarrers Erhard Hucht aus Neckargemünd-Dilsberg, der vor einigen Jahren laut Bierbaum „nur wenige Wochen“ im ruandischen Kibilizi tätig war, und einem mit Vorwürfen gespickten Schreiben eines gleichgesinnten Heinsbergers, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte.

Als er vor einigen Jahren durch seine Mitarbeit in Kibilizi den Verein „Wir für Ruanda“ kennengelernt habe, sei er überrascht gewesen über „die guten pädagogischen Ideen“ und die „großartige Mitarbeit vieler Einzelner“, erklärt Hucht. „Es war großartig zu erleben, wie viel Geld für dieses Projekt in Ruanda zugunsten einer Ausbildung geistig behinderter Kinder gespendet worden war.“

Doch von dieser Begeisterung ist bei dem 74-Jährigen nichts mehr geblieben. „Ich habe meine Mitarbeit vorzeitig aufgekündigt angesichts penetranter Rechthaberei des Vorsitzenden des Vereins und angesichts einer Herrschaftsstruktur, die mich an koloniale Machtpolitik erinnert.“

Bierbaum seinerseits attestiert dem Pfarrer im Ruhestand eine aggressive Persönlichkeitsstruktur, die diesem angeblich auch schon Ärger mit seinem Bistum bis hin zur Entziehung der Messerlaubnis eingebracht habe. Grundsätzlich lässt sich also vermuten, dass die beiden Herren wohl kaum in trauter Eintracht ihren Lebensabend auf einem gemeinsamen Sofa verbringen werden.

Unbestritten durch Bierbaum und Vorstandsmitglied Wolfgang Paulus, dem ehemaligen Ordnungsamtsleiter der Stadt Heinsberg, ist allerdings der von Hucht ins Feld geführte Umstand, dass es derzeit mächtig Knatsch mit der Managerin des Zentrums in Kibilizi gibt. Selbiger sei gekündigt worden mit der Begründung, sie habe Geld veruntreut, um damit den ausufernden Alkohol-Konsum ihres Ehemannes zu finanzieren, war Hucht „zu Ohren gekommen“. Eine Behauptung, für die es keine Beweise gegeben habe.

„Sie ist außerdem Vorsitzende des ruandischen Partnervereins Amizero Y‘Ubuzima, dem Spendengelder der Aktion Sternsinger zum Bau von Unterkunftshäusern für die Kinder in Kibilizi zur Verfügung gestellt worden waren. Vom Vorstand des Vereins „Wir für Ruanda“ wurde sie in Ausübung ihrer Tätigkeit als Vorsitzende des ruandischen Vereins stark behindert, indem ihr der Zutritt zu ihrem Büro verweigert wurde und ihr außerdem das Laptop weggenommen wurde, mit dem sie ihre gesamte Arbeit erledigte. Gegen beide Maßnahmen des Vereins „Wir für Ruanda“ hat sie vor Gericht erfolgreich Klage geführt“, erklärt Hucht.

Derlei Äußerungen bedürften laut Paulus, der gerade einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Unterlassung unwahrer Behauptungen gegen Hucht auf den Weg gebracht hat, einer Richtigstellung. „Richtig ist, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf mangelhafter Erfüllung arbeitsvertraglicher Pflichten beruhte.“ Die gerichtliche Klage der Managerin habe nur Erfolg gehabt, weil „die erforderlichen Formvorschriften nach ruandischem Recht aus Unwissenheit nicht beachtet wurden“.

Die Managerin habe eine formgerecht beschlossene Satzung „nachweislich ohne Einberufung einer Versammlung und Erstellung eines entsprechenden Protokolls zu ihren Gunsten und für ihr persönliches Interesse geändert“, behauptet Paulus. Dieser neue Satzungsentwurf sei leider vom so genannten Rwandan Governments Board in Ruanda genehmigt und beglaubigt worden. „Es versteht sich, dass der Verein nicht bereit ist, das weitere operative Handeln auf der Grundlage dieser Satzung zu akzeptieren“, sagt Paulus.

Was das Handeln des Vereins „Wir für Ruanda“ angeht, übt der Briefeschreiber, der anonym bleiben möchte, heftige Kritik. Schon 2008 seien für 6000 Euro Spendengelder angeblich dringend in Kibilizi benötigte Güter wie Generatoren angeschafft, aber bis heute nicht verschifft worden. Sie stünden immer noch bei einer Spedition in Holland. Auch von einem Ambulanzfahrzeug ist die Rede, das vor Jahren von Spendengeldern gekauft worden sei, aber seitdem in einer Scheune „vergammele“.

Dem widerspricht Paulus deutlich. Noch während seiner Dienstzeit bei der Stadt Heinsberg habe der Kreis Heinsberg dem Verein das ausrangierte Fahrzeug kostenlos angeboten. Dass die Güter noch nicht in Ruanda seien, liege an der Korruption, mit der der Verein hier ständig zu kämpfen habe, sagt Bierbaum. Selbst wenn für einen Gütertransport schon alle Kosten ordnungsgemäß im Vorfeld bezahlt worden seien, komme es immer wieder vor, dass Container oder Fahrzeuge in den Häfen vor Ort kurzerhand konfisziert würden und nur gegen horrende Zahlungen ausgelöst werden könnten.

Bei einem dreiachsigen Lkw seien diese illegalen Zusatzkosten so hoch gewesen, dass der Verein das Fahrzeug gleich ganz zurücklassen musste, schiebt Paulus nach. Diese Umstände seien auch der Grund, warum manche Sachgüter noch nicht ausgeliefert worden seien. „Wir benötigten das Geld für wichtigere Dinge“, erklärt Bierbaum. Schließlich müssten ja auch die Gehälter von 45 Mitarbeitern bezahlt werden.

Spannend ist in diesem Zusammenhang die Aussage Huchts, dass im Zuge der Verfahren gegen die Managerin dem Verein ,Wir für Ruanda‘ das Recht aberkannt worden sei, selbst das Zentrum in Kibilizi weiterführen zu dürfen. Dem widerspricht Bierbaum vehement. „Durch eine Fälschung eines Dokumentes erreichte die Managerin, dass sie wieder eingesetzt wurde. Das bedeutet aber nicht, dass wir keine Einflussnahmen mehr hätten.“ Eigentümer der Immobilie sei der Verein nach wie vor.

Und das möchte er nutzen, um die Zukunft des Projekts für die Kinder zu sichern und nach Möglichkeit einer zu starken staatlichen Einflussnahme zu entziehen. Mit dem zuständigen Bischof der Region habe man sich schon darauf verständigen können, das Zentrum in Kibilizi, das etwa einen Wert von 500.000 Euro darstellt, an die Caritas und somit in kirchliche Hände zu übergeben.

Bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung am Donnerstag, 14. Juni, um 20 Uhr im Alten Wasserwerk in der Glanzstoffstraße in Heinsberg-Oberbruch können die 210 Mitglieder darüber abstimmen. Der Verein „Wir für Ruanda“ möchte zukünftig dann beratend für die Diözese agieren und Spenden sammeln. Bierbaum versichert, dass alle Spenden auch weiterhin zielgerichtet verwendet würden.