Kreis Heinsberg: Hausärzte: Gesunkenes Ansehen und zu viel Bürokratie

Kreis Heinsberg : Hausärzte: Gesunkenes Ansehen und zu viel Bürokratie

Eigentlich hatte sich die jüngste Vortrags- und Diskussionsveranstaltung des FDP-Kreisverbandes Heinsberg das Thema „Gesundheitspolitik und Demografie“ auf die Fahnen geschrieben. Doch bei der ausgesprochen gut besuchten Veranstaltung im Sportpark Loherhof in Geilenkirchen drehte sich eigentlich alles um Hausärzte.

Dabei hatte die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Landtagsfraktion, MdL Susanne Schneider, in ihrem Impulsreferat noch einen Rundumblick auf die aktuellen und vergangenen Entwicklungen in Sachen Gesundheitspolitik gebracht. Sie freute sich insbesondere darüber, dass die Praxisgebühr, die nichts gebracht habe außer mehr Bürokratie, endlich abgeschafft ist. Bei den viel propagierten Unterschieden zwischen privat und gesetzlich Versicherten brachte sie einen neuen Zungenschlag in die Diskussion ein. „Wir haben da nicht unbedingt den Unterschied“, betonte sie, denn wenn der Patient aufgeklärt sei, würde er ohne Blick auf die Versicherungsart anders behandelt.

Auch mit der Behauptung, es gebe im Gesundheitssystem zu wenig Geld, versuchte Schneider aufzuräumen. „Es ist auch in NRW Geld da, es wird nur falsch ausgegeben“, betonte sie. Das verdeutlichte die frühere Krankenschwester und Pharmareferentin am Beispiel des Landes-Patientenbeauftragten, der von der aktuellen Landesregierung eingesetzt worden sei und der in einem Jahr bei rund 1000 Patientenkontakten per Mail oder Telefon rund 400.000 Euro an Kosten verursache.

Beim späteren Hauptdiskussionspunkt, der ärztlichen Versorgung, sah sie den Kreis Heinsberg als „sehr gut aufgestellt“ an. Dem konnte Dr. Ernst Lennartz als Vorstandsmitglied der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) nicht ganz folgen, zumindest mit Blick auf die Zukunft. „Das Problem ist, den Nachwuchs zu holen“, so Dr. Lennartz. Zwar helfe die neue Gesetzeslage, in der Ärzte nicht mit 68 Jahren zwangspensioniert werden. „Doch beispielsweise in der Gemeinde Gangelt gibt es nur einen Arzt, der jünger als 60 Jahre ist“, so Lennartz. So gebe es trotz einer an sich guten Versorgung mit gut ausgebildeten Medizinern das Problem, dass sich viele Ärzte nicht mehr den langen Arbeitszeiten eines Hausarztes stellen wollen.

Ein anderes Problem warf der anwesende Hausarzt Dr. Bernd Beckers ein. Er sagte, dass viele früher rein hausärztliche Dinge nun diesen niedergelassenen Ärzten genommen würden. „Wir versorgen im Moment größtenteils nur diejenigen, die weniger mobil sind“, betonte er. Und die ebenfalls unter den Gästen weilende Allgemeinmedizinerin Dr. Susanne Beckers berichtete vom gesunkenen Ansehen der Ärzte, von einer schlechten Bezahlung, die auf der Gebührenordnung für Ärzte aus dem Jahr 1996 basiere, und dem Status, dass Ärzte immer mehr mit Verwaltung zu tun hätten.

In der vom FDP-Kreisvorsitzenden Dr. Klaus Wagner geleiteten Diskussion wurde zudem klar, dass der Hausarzt seine Rolle als erste Anlaufstelle und Navigator im Gesundheitswesen gar nicht mehr innehabe. Vielmehr sei es so, dass die Patienten lieber direkt bei Fachärzten vorstellig würden, sich aber dann über mangelnde Verfügbarkeit dieser Spezialisten ärgern müssten.

Dass es immer schwerer wird, die ärztliche Versorgung zu sichern, bekräftigte auch der Geschäftsführer der Rettungsdienste im Kreis Heinsberg, Ralf Rademacher. Er wünschte sich neben einer höheren Durchlässigkeit der einzelnen Berufsfelder weiterhin Ärzte, die vor Ort im Einsatz seien. „Denn trotz besserer Qualifikationen können wir auf den Arzt nicht verzichten“, sagte er, wobei er sich auch eine Lösung mit Einsatz von Telemedizin, der Betreuung durch einen Arzt ohne dessen direkte Anwesenheit vor Ort vorstellen konnte.

In Sachen Kostenbewusstsein konnte sich abschließend Susanne Schneider auch etwas vorstellen. „Die FDP ist ein großer Freund davon, dass Patienten auch mal eine Arztrechnung kriegen“, sagte sie. Dass meinte sie aber weniger hinsichtlich der Begleichung der Rechnungen, sondern eher mit Blick auf die Wertschätzung medizinischer Leistungen. „Wir müssen weg von der Kaskomentalität im Gesundheitswesen“, so Schneider abschließend, „wenn die Bürger erst die Rechnung bekommen und dann innerhalb einer Frist bei ihrer gesetzlichen Krankenversicherung zur Begleichung einreichen müssen, schaffen wir vielleicht ein wenig mehr Kostenbewusstsein.“