Kreis Heinsberg : „Gülletourismus“ ist ein „Dauerbrenner“
Kreis Heinsberg Der „Gülletourismus“ sei ein Thema, das die Bevölkerung berühre, ein „Dauerbrenner“, sagte Franz-Michael Jansen (CDU), Vorsitzender des Kreis-Ausschusses für Umwelt und Verkehr, und dankte der SPD-Fraktion ausdrücklich für ihren Antrag, zu diesem Thema einen Sachstandsbericht von der Landwirtschaftskammer einzuholen.
Angesichts miserabler Nitratwerte seien die Sorgen nicht unberechtigt. „Die Problematik geht uns alle an“, so Jansen.
Die SPD hatte in ihrem Antrag auf hohe Nitratkonzentrationen über dem Grenzwert von 50 Milligramm pro Liter Grundwasser hingewiesen. Im Kreis Heinsberg würden die Spitzenwerte teils über 235 Milligramm pro Liter liegen. Circa 40 Prozent der Wasserproben entsprächen bereits nicht mehr den gesetzlichen Vorgaben. In vielen Gebieten des Kreises sei eine verstärkt landwirtschaftliche Nutzung der Böden sowie eine intensive Tierhaltung zu beobachten, welche als Ursache für die hohe Nitratbelastung gelten würden.
Auch nähmen die Düngerimporte aus den Niederlanden weiterhin erheblich zu. Dem Nährstoffbericht 2014 sei zu entnehmen, dass der Kreis Heinsberg da die alleinige Spitzenstellung in NRW einnehme. Von rund 1,4 Millionen Tonnen Dünger seien alleine fast 300 000 Tonnen in den Kreis Heinsberg importiert worden.
Die hohen Importzahlen mit 297 571 Tonnen Wirtschaftsdünger (mit rund 2,215 Millionen Kilogramm Stickstoff und 1,485 Millionen Kilogramm Phosphat) bestätigte Geschäftsführer Dr. Christian Hoffmann von der Landwirtschaftskammer-Kreisstelle im Umweltausschuss.
Allerdings wies er daraufhin, dass die für den Kreis Heinsberg gemeldete Importmenge nach groben Schätzungen etwa zu einem Drittel in andere Kreise weitervermittelt werde. Die Importmenge liege auf dem Niveau des Wirtschaftsdüngers aus der Tierhaltung im Kreisgebiet. Zusammengenommen lägen die Stickstoffmengen je Hektar deutlich unterhalb des Grenzwertes von 170 Kilogramm je Hektar.
Hoffmann räumte ein, dass es — wenn auch nicht flächendeckend, so doch auf verschiedenen Flächen — ein Problem der bewussten oder unbewussten Überdüngung gebe, dem einerseits mit mehr Kontrollen und andererseits mit mehr Beratung begegnet werden solle. Hoffmann sprach sich jedenfalls für mehr Kontrollen statt höherer Auflagen für die Landwirte aus.
Aus dem Nitratbericht präsentierte Hoffmann Zahlen, nach denen die Überschreitungshäufigkeit im Kreis Heinsberg zwar im Laufe der Jahre abgenommen hat. Es blieb aber für den ausgewiesenen Zeitraum von 2008 bis 2011 die Überschreitung der Qualitätsnorm von 50 Milligramm je Liter im Grundwasser bei 30 bis 50 Prozent der Messstellen zu konstatieren; wobei die Häufigkeit in Gebieten, in denen Wasserversorgungsunternehmen, Landwirtschaftskammer und Landwirte miteinander kooperieren, geringer ausfiel als außerhalb dieser Gebiete.
Hoffmann verwies mit Blick auf das Ordnungsrecht auf die laufende Novellierung der Düngeverordnung, auf die 2013 eingeführte Meldeverordnung, auf den seit 2015 möglichen Einblick in die Wirtschaftsdünger-Datenbank der Niederlande und die in diesem Jahr erfolgte Einstellung von zehn zusätzlichen Kontrolleuren. Doch bis all diese Maßnahmen auch im Grundwasser messbare Wirkung erzielen würden, könnten Jahre vergehen.
„Was ist mit den schwarzen Schafen?“ Diese Frage stellte Sozialdemokrat Gerhard Krekels, der angesichts hoher Belastungswerte im Selfkant die Vermutung aussprach: „Da wird doch illegal was aufgebracht.“ Auf seine Frage nach den Kontrollmöglichkeiten gab es den Hinweis auf die Zuständigkeit der Landwirtschaftskammer. Was denn nachts sei, hakte Krekels nach. Polizei und Ordnungsamt würden erklären, sie seien nicht zuständig, die Kammer aber sei dann nicht erreichbar. Daraufhin erhielt Krekels einerseits von Seiten der Kreisverwaltung den Hinweis, bei einem konkreten Verdacht auf illegale Transporte doch die Polizei anzurufen, da sie für Gefahrenabwehr und Strafverfolgung zuständig sei, andererseits wollte Hoffmann die Anregung für einen 24-Stunden-Bereitschaftsdienst mit zur Landwirtschaftskammer nehmen.