Wassenberg-Birgelen : Gelbes Stahlross erinnert an alte Zeiten
Wassenberg-Birgelen „Das ist die Gangschaltung. Und das ist die Bremse“, sagt Josef Sternfeld und zeigt auf das große, eiserne Rad im engen Führerstand der kleinen goldgelb-rostigen Untertage-Lok mit der Nummer 33. Sie steht jetzt auf einem eigens angelegten Schienenstückchen mit 57 Zentimetern Spurbreite am Eingang zum Baubetriebshof am Ossenbrucher Weg in Birgelen, ganz in der Nähe zum ehemaligen Schacht V.
„Unter der Woche habe ich daran geschraubt“, blickt Sternfeld zurück auf seine Zeit bei der Zeche Sophia-Jacoba, die bis Ende der 1990er Jahre viele Bergleute aus der Region beschäftigte. Am Wochenende sei er die Lok mit Baujahr 1951 und 75 PS auch gefahren, für die Reparatur-Kolonnen, mit maximal 14,4 Stundenkilometern, erzählt er weiter. Mit weißem Licht sei die Bahn unter Tage unterwegs gewesen. „Wenn Personen mitfuhren, war das Licht blau“, erinnert er sich. Zwei Lokschuppen habe es gegeben, einen auf der zweiten Sohle in 360 Metern Tiefe und einen sogar 600 Meter unter der Erde.
Zur offiziellen Vorstellung der neuen „Gedenkstätte“ für die Bergbautradition, die auch die Stadt Wassenberg hat, waren Vertreter von Heimatverein und KAB gekommen, die sich für die Präsentation der zuvor in Wegberg-Arsbeck aufgestellten Lok engagiert hatten. Der Dank von Sepp Becker, Vorsitzender des Heimatvereins, ging da auch an den Bergbau-Aktivisten Stefan Grates, der den „Umzug“ der Lok initiiert hatte.
Bürgermeister Manfred Winkens freute sich, dass sich diese Lok jetzt einreihe in die Erinnerungsstücke, die auch in Wassenberg die Geschichte des Bergbaus wachhalten würden. „Ich bin mächtig stolz“, erklärte er dazu, selbst mehrfach in eine Grube eingefahren zu sein.
Wer den Namen Sophia-Jacoba höre, der denke sofort an Hückelhoven, sprach Becker weiter. Die Zeche habe jedoch für die gesamte Region eine große Rolle gespielt. Er stamme selbst aus einer Bergmannsfamilie, „und ich bin stolz darauf“, sagte er und erinnerte dann an den Kampf um die Erhaltung der Zeche.
In der Gesamtschule Wassenberg hätten sich Schüler in einer Projektwoche gerade erst mit der Geschichte des Bergbaus in der Region befasst, und dabei sei herausgekommen, dass heute noch 40 Prozent der Schüler die Tradition des Bergbaus in ihren Familien bewusst sei. „Wenn man drauf schaut, gibt es viele Spuren des Bergbaus auch in Wassenberg zu entdecken“, so Becker. „Man muss sie sich nur bewusst machen.“
So würden zum Beispiel in der Wassenberger Oberstadt Straßenbezeichnungen ebenso an die Bergbau-Tradition erinnern wie das Bergmannsdenkmal, die Untertageloks an der Betty-Reis-Gesamtschule oder die Barbara-Figur in der Kirche St. Mariä Himmelfahrt.
„Ich freue mich, dass wieder etwas für die bergmännische Kultur gemacht worden ist“, freute sich schließlich auch Detlev Stab, der mit weiteren Mitgliedern des Knappenvereins St. Barbara Hilfarth-Hückelhoven zur Präsentation der neuen Lok gekommen war. Damit erinnere Wassenberg an einer weiteren Stelle an die Geschichte des Bergbaus in der Region.
Auf einer Tafel, die gleich neben der Lok aufgestellt ist, erfährt der Besucher auch die wichtigsten Daten der Bergbaugeschichte in der Region. 1884 wurde bei Hückelhoven in 180 Meter Tiefe die Steinkohle angebohrt. 1914 wurde die erste Kohle gefördert. Der Name Sophia-Jacoba setzt sich zusammen aus den Namen der Ehefrauen des Grubenbesitzers und des Vorsitzenden des Grubenvorstands.
1927 wurde bereits mehr als eine halbe Million Tonnen Kohle gefördert, mit 2300 Mitarbeitern. 1935 lag die Jahresförderung erstmals über einer Million Tonnen. 1960 wurde die Zieltiefe von 611 Metern erreicht. Schacht V, wo jetzt die Lok steht, war der modernste Seilfahrtbetrieb im deutschen Bergbau. Die Kohlekrise 1988 ließ das Ende der Zeche ahnen. 1997 kam das endgültige Aus.