Niederzier : Erfolgreiche „Zahn-OP“ bei Bagger 291
Niederzier Stephan Keller war die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. Kein Anecken, nicht einmal ein Ruckeln. Scheinbar mühelos hoben die Fahrer der drei 500-Tonnen-Spezialkräne das neue, 130 Tonnen schwere Schaufelrad von Bagger 291 zentimetergenau in den Stahlbau des Auslegers.
Der Gesamtprojektleiter atmete tief durch und räumte ein: „In der vergangenen Nacht habe ich schon ein wenig unruhig geschlafen.“
Der 1983 gebaute Bagger 291 ist zwar bereits der vierte im Tagebau Hambach, der in diesen Wochen ein neues Gebiss bekommt. Von Routine aber wollen Keller und Tagebauleiter Thomas Körber dennoch nicht sprechen. „130 Tonnen mit drei Großkränen passgenau zu jonglieren ist immer eine große Herausforderung für die Ingenieure“, betonte Körber. „Tagesgeschäft sieht anders aus.“
In seinen 32 Betriebsjahren im Tagebau Hambach hat der stählerne Gigant rund 1,5 Milliarden Kubikmeter Abraum bewegt, täglich rund 240.000 Kubikmeter — genug, um tagein tagaus ein Fußballstadion 30 Meter hoch zuzuschütten. Eine unvorstellbare Menge, die am und im Schaufelrad so deutliche Spuren hinterlassen hat, dass es ausgetauscht werden musste.
Und nicht nur das. Tagebaubetreiber RWE Power investiert in diesen Wochen rund 15 Millionen Euro in die Grundinstandsetzung des Giganten, der noch viele Jahre im Tagebau Hambach benötigt wird, wie der für die Braunkohle zuständige Konzernvorstand Dr. Ulrich Hartmann betonte. Er ließ keinen Zweifel daran, dass sich eine solche Investition trotz der aktuell wieder entfachten Diskussion um die Zukunft der Braunkohleverstromung noch lohne.
„Der Tagebau Hambach wird noch viele Jahre benötigt, um in Deutschland kostengünstig, effizient und verlässlich Strom zu erzeugen.“ Hartmann sprach sich für einen offenen Dialog und eine inhaltliche Auseinandersetzung über die Zukunft der Braunkohle aus und rief zur Besonnenheit in der Diskussion auf. Scharfe Kritik übte er an den Aktivisten, die — zum Teil vermummt — immer wieder Mitarbeiter des Konzerns angriffen.
Mit dem Einheben des im Frechener Technikzentrum von RWE gefertigten Schaufelrades ist der spektakulärste Teil der gut vier Monate dauernden Generalüberholung abgeschlossen. Doch bevor sich Schaufelradbagger 291 ab Anfang November wieder in die Erde wühlen kann, müssen noch weitere Arbeiten durchgeführt werden. Als nächstes werden die Schaufelradachse, die allein noch einmal 48 Tonnen wiegt, und das Getriebe angebracht, dann folgen in den kommenden Tagen die einzelnen Schaufeln.
Die besondere Herausforderung bei Bagger 291 besteht darin, dass er in seiner „Taille“ auch einen neuen Zahnkranz erhält. Der 21 Meter weite Ring trägt das Gewicht des gesamten Oberbaus des 13 500 Tonnen schweren Giganten. Um die fußballgroßen Stahlkugeln austauschen zu können, musste der Aufbau 400 Millimeter angehoben werden. Zur mechanischen kommt schließlich auch noch eine elektronische Überholung, so dass der Gigant in Zukunft nur noch von drei statt bislang vier Mitarbeitern pro Schicht bedient wird.
Der Schaufelradwechsel bei Bagger 291 war nicht der letzte im Tagebau Hambach. Im kommenden Jahr soll der kleinere Bagger 259 ein neues Gebiss bekommen. Der 1960 erbaute Bagger ist seit 2001 in Hambach im Einsatz.