Aachen : Empörung nach Suspendierung des Schulrates
Aachen Die Berichterstattung unserer Zeitung über die Suspendierung des Aachener Schulrates Norbert Greuel sorgt für eine Welle der Empörung. Bereits am Donnerstag hatte die FDP-Fraktion des nordrhein-westfälischen Landtages eine Aufklärung des Vorfalles von Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) und die vier SPD-Landtagsabgeordneten der Region eine Stellungnahme der Bezirksregierung Köln verlangt.
Die FDP-Fraktion des Städteregionstages forderte nun von Städteregionsrat Helmut Etschenberg (CDU) eine Sondersitzung zum Thema „Lehrermangel an Förderschulen“.
Die Bezirksregierung als Obere Schulaufsicht hatte Norbert Greuel, für alle etwa 40 Förderschulen in der Städteregion zuständiger Schulrat, in den Sommerferien suspendiert. Die Bezirksregierung geht nach Informationen unserer Zeitung davon aus, dass Greuel vor den Sommerferien einen Brief an Etschenberg und alle zehn Bürgermeister der Städteregion initiierte, den die Leiter der Förderschulen unterzeichnet hatten.
Darin machen sie auf den Mangel an Förderschullehrern in der Region aufmerksam, ein seit Jahren bestehendes und von der Bezirksregierung noch immer nicht gelöstes Problem. Diesen Brief wertete die zuständige Abteilung 4 der Bezirksregierung als beamtenrechtliches Vergehen („Flucht in die Öffentlichkeit“) und trug einem Drittel der unterzeichnenden Förderschulleiter eine formelle Missbilligung in die jeweilige Personalakte ein. Der Rest der Unterzeichner wurde getadelt.
Werner Pfeil, Fraktionsvorsitzender der FDP im Städteregionstag, fordert nun von Städteregionsrat Etschenberg, sich dafür einzusetzen, dass „sämtliche Einträge in die Personalakten wieder gestrichen werden und Greuels Suspendierung sofort aufgehoben wird“. Pfeil, Rechtsanwalt aus Stolberg, bezweifelt, dass die Voraussetzungen eines Beamtenvergehens vorliegen.
„Als ,Flucht in die Öffentlichkeit‘ und damit als Dienstvergehen werden Maßnahmen nur dann bezeichnet, wenn sie einer besonderen Geheimhaltungspflicht unterliegen.“ Dies sei im vorliegenden Fall schon deswegen nicht gegeben, weil „jeder Bürger ein berechtigtes Interesse“ daran habe zu erfahren, „ob seine Kinder in den Förderschulen gut und mit qualifiziertem Personal betreut werden oder nicht“.
Pfeil fordert daher, „den Vorgesetzten von Greuel und den etwa 40 Förderschulleitern in den nächsten Städteregionstag einzuladen“, um „Rede und Antwort stehen“ zu können.
Die Fraktion der Linken ist empört und fragt: „Warum wurde der Schulrat, Herr Greuel, suspendiert, und was wusste die Verwaltung der Städteregion zu welchem Zeitpunkt über diese Angelegenheit? Warum ist die Politik nicht informiert worden, und wie gedenkt die Verwaltung, bezüglich des Personalmangels gegenüber der Bezirksregierung aufzutreten?“
Auch der Verband der niedergelassenen Kinder- und Jugendärzte in der Städteregion hat die Meldung über Greuels Suspendierung „und die Maßregelung weiterer Lehrer durch die Bezirksregierung mit Entsetzen zur Kenntnis genommen“.
Die Vorstandsmitglieder Dietrich Wittenhagen und Frank Friedrichs erklärten, „es geht nicht an, dass so mit engagierten Pädagogen umgesprungen wird, und das auch noch gerade mit denen, die sich für die Belange entwicklungsverzögerter Kinder einsetzen“. Mit der „Reduktion auf ein wilhelminisches Obrigkeitsverständnis aus dem vorletzten Jahrhundert“ seien „sachgerechte Förderung, Integration und Inklusion nicht zu erreichen“.
Die Bezirksregierung ist dabei, ein Disziplinarverfahren gegen Schulrat Greuel, 62, einzuleiten.