Tauchunglück am Lago Laprello: Ein Gericht stochert im Nebel

Tauchunglück am Lago Laprello : Ein Gericht stochert im Nebel

„Sie gestatten mir, dass ich mich darüber wundere“, meinte Richterin Corinna Waßmuth zum Geschäftsführer des TuS Oberbruch, der als Zeuge geladen war im sogenannten Taucherprozess. Seit 25 Jahren nehme er dieses Amt wahr, hatte der Zeuge erläutert, bevor er dem Gericht schilderte, wie der TuS Oberbruch versucht hatte, Licht ins Dunkel um den tragischen Unfall einer jungen Taucherin am Lago Laprello am Sonntag, 2. Juni 2013 zu bringen.

Das Schöffengericht am Amtsgericht Geilenkirchen hat keine leichte Aufgabe zu bewältigen. Der einzige direkte Zeuge des Unfalls ist der angeklagte Tauchpartner der damals 17 Jahre jungen Frau, die im September 2016 in Folge des Unfalls verstorben ist.

Der Angeklagte, dem eine Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung oder auch fahrlässiger Tötung droht, macht aber nach wie vor von seinem Recht, die Aussage zu verweigern, Gebrauch. Daher stochert das Gericht im Nebel der Zeugenaussagen, in der Hoffnung, auf Einlassungen aus der damaligen Zeit zu stoßen, die dem Angeklagten zuzuordnen sind.

Der Geschäftsführer des TuS Oberbruch, zu dem die Tauchabteilung gehört, die den Tauchgang am Unfalltag veranstaltet hatte, hatte sich um die Meldung des Unfalls gegenüber der Haftpflichtversicherung des Vereins gekümmert. Mit wem er denn über den Unfallhergang gesprochen habe, wollte Richterin Waßmuth vom Zeugen wissen. Der Zeuge zählte Vorstandsmitglieder und Taucher auf.

Der Angeklagte tauchte in der Aufzählung aber nicht auf. Richterin Waßmuth: „Heißt das, Sie machen den Unfallbericht an die Versicherung und sprechen nicht mit demjenigen, der beteiligt ist?“ Und sie fügte die rein rhetorische Frage hinzu: „Sie gestatten mir, dass ich mich wundere.“

Erstaunlich fand die Richterin auch, dass offenbar keiner, der im Verein Verantwortung wahrnahm, auf die Idee kam, mit dem Angeklagten zu sprechen und zu überlegen: „Müssen wir Regeln ändern, müssen wir neue Regeln aufstellen“. „Da verlassen Sie sich auf Aussagen aus zweiter und dritter Hand?“, bohrte die Richterin nach. Und weiter wollte sie wissen, ob bei mehreren Sitzungen des Vorstands der Angeklagte nicht anwesend gewesen sei.

Der Zeuge verneinte, hatte das erste Treffen aber nicht mitgemacht. Es tue ihm leid, dass der Vorstand nie Kontakt zum Vater der verunglückten Frau aufgenommen habe. Eine Überprüfung der Regeln im Verein habe ergeben, dass keine Verbesserungen notwendig seien, erläuterte der Zeuge.

Der Anwalt der Nebenklage, der die Interessen des Vaters der Verunglückten vertritt, witterte hinter dem Aussageverhalten einiger Vereinsmitglieder im Prozessverlauf eine Verschwörung. Richterin Waßmuth blieb beharrlich beim Thema: „Es geht um die Frage, wie die Angaben zum Tauchunfall zustande kamen.“ Diesen Angaben zufolge hatte der Angeklagte die Verunglückte, die beim Auftauchen neben ihm geschwommen sein soll, in einem Augenblick verloren.

„Dieser Verein dümpelt vor sich hin“, schimpfte der erboste Rechtsanwalt der Nebenklage in Anbetracht der Zeugenaussagen, die, wie er meinte, stets einen Bogen um den Angeklagten machten. Was den Verteidiger des Angeklagten herausforderte, der seinem offensichtlich ungeliebten Anwaltskollegen entgegenhielt: „Ich frage mich nur, warum Sie den Verein nicht zivilrechtlich in Anspruch nehmen.“

Der Angeklagte war anwesend

Gehört wurde an diesem Verhandlungstag auch die Kassiererin des TuS Oberbruch. Sie war bei dem ersten Vorstandsgespräch noch am Tag des Unfalls zugegen gewesen und hatte den Angeklagten durchaus in der Runde gesehen. Der Angeklagte habe sich sicher auch zum Unfallgeschehen geäußert. Was er aber gesagt habe, daran könne sie sich nicht erinnern.

Die meisten Informationen seien von den Tauchern, die beim Unfall am See gewesen seien, gekommen. Das damals verfasste Protokoll sei ein Puzzle der verschiedenen Aussagen gewesen, erläuterte die Zeugin. „Ich verstehe“, sagte Richterin Waßmuth in die Runde der Wahrheitssucher, „dass die Nebelbank, die da im Verein herrscht, uns allen Probleme macht.“

Im Januar geht es weiter, ob mit mehr Erfolg beim Stochern im Nebel, wird sich zeigen. Dann werden der damalige 2. Vorsitzende des TuS und ein weiterer Gutachter gehört.