Alsdorf/Aachen : Die Qual in den eigenen vier Wänden
Alsdorf/Aachen Gleichbleibende Zahlen bedeuten in vielen Fällen gute Nachrichten. Doch der Jahresbericht der Fachstellen gegen häusliche Gewalt in der Städteregion spricht eine etwas andere Sprache: Im vergangenen Jahr wurden in der Städteregion 239 Frauen in Frauenhäuser aufgenommen.
„Das sind immer noch 239 Menschen zu viel, denen das Leben in den eigenen vier Wänden zur Qual geworden ist”, sagt Ursula Braun-Kurzmann, Geschäftsführerin vom Sozialdienst Katholischer Frauen Aachen (SkF). Und nicht nur Frauen sind unter den Hilfesuchenden: So wurden in der Städteregion im vergangenen Jahr auch 251 Kinder aufgenommen. Zum Vergleich: 2008 waren es ebenfalls 239 Frauen und 241 Kinder.
Frauen aller Schichten betroffen
In den meisten Fällen würden Frauen, überwiegend zwischen 26 und 40 Jahren aus nahezu allen sozialen Schichten, aufgrund von physischer und psychischer Gewalt Hilfe in den beiden Frauenhäuser der Region aufsuchen. Besonders die Themen Zwangsheirat, Zwangsprostitution und Menschenhandel würden zunehmen.
„Der Bedarf für mehr Hilfe ist ganz klar da”, sagt auch Armin Carduck, Abteilungsleiter vom Diakonischen Werk im Kirchenkreis Aachen. „Aber man muss auch ganz ehrlich sein: Im Zuge der Gründung der Städteregion sind uns die Gelder und auch wichtige Beratungs- und Betreuungsstellen gekürzt worden.”
Dies hatte unter anderem zur Folge, dass das Netzwerk allein 2009 52 Frauen wegen Überbelegung der Frauenhäuser ablehnen und externe Betreuungsmöglichkeiten gefunden werden mussten. Etwa 50 Prozent aller betreuten Frauen würden nach dem Aufenthalt (bis zu sieben Tagen) nach Hause zurückkehren, die andere Hälfte würde versuchen, ein neues Leben zu beginnen.
Braun-Kurzmann: „Und das ist in den meisten Fällen auch nicht gerade einfach.” Woran es in der Regel fehle, ist das Geld, eine richtige Perspektive - und das nötige Selbstvertrauen. „Dazu kommt”, sagt Ursula Braun-Kurzmann, „dass unsere Kostenträger schon einigen Druck ausüben, die Frauen möglichst schnell wieder aus den Frauenhäusern zu entlassen.”
Bewährt habe sich hingegen die Interventionsstelle, die in Zusammenarbeit mit der Polizei nun für die gesamte Städteregion zuständig ist und so bereits 78 Fälle in den ersten vier Monaten des laufenden Jahres gemeldet und bearbeitet werden konnten (2009 ware es im gesammten Jahr 86 Fälle). „Außerdem nehmen auch immer mehr Frauen das Hilfetelefon in Anspruch”, sagt Armin Carduck. „So können sie Rat bekommen und trotzdem ihre Anonymität wahren.”