Hückelhoven: Die Kirche in der roten Siedlung wird am Samstag 75

Hückelhoven : Die Kirche in der roten Siedlung wird am Samstag 75

Seit April 1958 arbeitet Willi Henschke untertage auf Sophia-Jacoba in Hückelhoven. Wie viele junge Kumpels spielt der Myhler in seiner Freizeit Fußball. Die Hückelhovener Borussia ist damals noch richtig gut, in der Verbandsliga taucht der Stürmer Willi Henschke auf dem Platz überall da auf, „wo´s brennt”, macht eine Menge Tore.

Als er 1964 heiraten will, ist für Henschkes künftigen Schwiegervater Johann Reckziegel klar, dass seine Tochter Renate in St. Barbara getraut wird. St. Barbara ist die Kirche der Bergleute.

Als Johann Gerhard Frenken im Juli 1928 zum Pfarrer von Hückelhoven an St. Lambertus ernannt wird, erhält er von seinem Bischof Dr. Joseph Vogt in Aachen den Auftrag, in der Siedlung oben auf dem Wadenberg eine Kirche zu bauen. Von den 5000 Einwohnern, die Hückelhoven damals zählt, arbeiten 3100 auf der Zeche, 4000 wohnen in der Siedlung, 1800 von ihnen sind Katholiken. Da braucht es neben der „Mutterkirche” unten im Ort, die neben den anderen 16 Lambertuskirchen in der Diözese Aachen zu den ältesten im Bistum gehört, eine neue Heimstatt für die Seelsorge.

Es ist ein schwieriger Auftrag, den der Bischof dem Pfarrer auf den Weg gegeben hat: „Die religiösen Verhältnisse dieses Bezirkes waren geradezu trostlos”, schreibt Pastor Frenken in seinem Rückblick auf das Werden der Sankt Barbarakirche. „Die meisten Familien”, so Frenken weiter, „waren dem Glauben gänzlich entfremdet. Die gemischten Ehen waren überaus zahlreich. Fast jede Woche brachte einen Kirchenaustritt. Die Wahlen zu den Parlamenten zeigten stets ein trostloses Bild. Fast die ganze Siedlung wählte kommunistisch. Die Kolonie hatte ein ganz rotes Gesicht. Für eine Kirche in der Siedlung war kaum Interesse.” Und deshalb ist natürlich auch kein Geld für den Bau eines Gotteshauses da.

Aber der katholische Geistliche hat in der kurzen Zeit seines Wirkens in der jungen Zechenstadt eine kleine Schar Getreuer um sich sammeln können. Kurz vor Weihnachten 1929 ruft Johann Gerhard Frenken einen Kirchenbauverein ins Leben. Die wirtschaftliche Lage im Land ist schlecht; die politische Situation für klerikale Vorhaben wie den Bau eines Gotteshauses nicht gerade förderlich; mit den Sammlungen, die in der Siedlung für den Bau einer Kirche durchgeführt werden, kann man nicht mal kleine Sprünge machen; zur Geldbeschaffung müssen andere Wege eingeschlagen werden.

„Der Herr Oberpräsident bewilligte eine Hauskollekte für das Jahr 1930 bei den katholischen Bewohnern der Regierungsbezirke Aachen, Köln und Trier. Der Hochwürdigste Herr Erzbischof bewilligte die gewünschte Kirchenkollekte für die Erzdiözese”, erinnert sich Frenken. Bis das Geld für den Bau der Kirche reicht, müssen allerdings noch viele Kollekten und mehrere Sammlungen auf den Weg gebracht, und auch Bittbriefe müssen geschrieben werden.

„Nachdem das Baukapital beschafft war, beschloss der Kirchenvorstand, mit dem Bau zu beginnen”, so Frenken. „Kirche und Rektorhaus sollten nach dem Voranschlag des Herrn Architekten 110.000 Reichsmark kosten.” Am 19. Februar 1933 wird der erste Spatenstich für St.Barbara gemacht.

In einer Zeit, in der in den Schulen und in den Amtsstuben die Kreuze verschwinden, wird der Bau begonnen. Viele Bergleute haben sich verpflichtet, nach der Schicht bei den Ausschachtungsarbeiten zu helfen. Sechs Wochen lang bringen die Kinder ihren Vätern Butterbrote und Kaffee zur Baustelle, am 25. Juni 1933 wird feierlich der Grundstein für St.Barbara, die Kirche für die Bergarbeiter in der Siedlung, gelegt.

„In sechs Jahren”, sagt Willi Henschke heute, „haben wir Goldhochzeit. Die feiern wir natürlich in St. Barbara.” Er ist sicher, dass das dann noch möglich ist...

75-Jahr-Feier mit dem Weihbischof

Die Heilige Messe zum Patronatsfest und die 75-Jahr-Feier mit Weihbischof Bündgens beginnt am heutigen Samstag in St.Barbara um 17 Uhr. Mitwirkende sind der Kirchenchor und die Bergkapelle Sophia-Jacoba.