Hambach/Jülich : Die Aufforstung der Sophienhöhe ist sein Lebenswerk
Hambach/Jülich Lieblingsplätze auf der Sophienhöhe? „Mein lieber Mann, da gibt es einige!“ Günter Rosenland kennt sie alle — genauestens. Der Förster aus Hambach hat den größten künstlichen Berg der Erde vor den Toren Jülichs über 30 Jahre lang aufgeforstet. Das war, das ist beispiellos, und das läuft noch immer.
Er hat wie in einem Kreißsaal der Natur einen Klaps auf den Hintern gegeben. In knapp zwei Wochen tritt der Architekt dieses Mikro-Kosmos‘ in den Ruhestand. Er übergibt einen völlig neuen Wald auf einem völlig neuen Berg seinen Nachfolgern. Es sind gleich fünf.
„So einen verrückten Allrounder wie mich gibt‘s wohl nicht mehr“, lautet dazu in einer Mischung aus Belustigung und Stolz Rosenlands Kommentar. Er wird Ende Oktober dann genau 65,5 Jahre alt und übergibt an Elmar Kampenkötter, der wie er Diplom-Ingenieur der Forstwirtschaft ist und auch in Hambach wohnen wird. Dazu kommen Experten für verschiedene Fachbereiche, so ein Biologe. Diese Expertise musste sich der noch amtierende Förster selbst aneignen: zum Beispiel beim Umsiedeln von Ameisenvölkern. Jetzt ist er ein gefragter Ratgeber.
„Wenn Du nichts vorfindest und musst daraus Wald machen, dann ist das mehr als Bäumepflanzen. Du musst die Natur in die Landschaft zurückbringen. Dafür habe ich 30 Jahre Tag und Nacht gearbeitet“, blickt er auf eine ebenso spannende wie anspruchsvolle Aufgabe zurück. Die Ameisen im Boden sind ein kleiner Baustein. Günter Rosenland hat massenhaft Totholz auf der Sophienhöhe aufstellen lassen, das Leben spendet: Insekten und Vögeln.
Und er ließ im Alt-Wald die oberste Bodenschicht abschaben. Es lässt sich bis heute exakt erkennen, wo dieser Altboden an neuer Stelle verwendet worden ist. „Die Rekultivierung, die hier nach meiner Ansicht eine Renaturierung ist, mussten wir so komplettieren, dass alle Tiere wieder da sind.“ Das war der Anspruch. Und die Realität? „Alles, was laufen und kriechen konnte und im Altwald zu finden war, ist jetzt auch auf der Sophienhöhe zu finden. Wir haben einen zwar jungen, aber kompletten Wald.“
Besonders stolz ist er auf zwei seltene Bewohner des Berg-Waldes, die seit zwei Jahren heimisch sind: der Uhu als größte Eulenart und der Schwarzspecht.
Um das Ziel eines hochwertigen Ökosystems zu erreichen, war an der ein oder anderen Stelle eine Änderung der geplanten Natur-Konstruktion notwendig. Da blieb er hartnäckig. So erreichte er bei Vorgesetzten, dass ein Bereich auf diesem ungewöhnlichen Berg mitten in der Bördelandschaft nicht weiter angeschüttet wurde. Rosenland wollte eine Schlucht. Er hatte damit Erfolg, wie er erzählt. Heute ist hier der Schluchtsee oberhalb von Alt-Steinstraß zu finden.
9,6 Millionen Bäume gepflanzt
Der ist eines von sieben kleinen Gewässern auf und an der Sophienhöhe. Sie zählen, um die Eingangsfrage zu beantworten, zu Rosenlands Lieblingsplätzen.
Das Revier des Försters umfasst neben der Sophienhöhe 200 Hektar Hambacher Alt-Wald. Alles in allem gut 17 Quadratkilometer Fläche. „Rechnen Sie mal: 1600 Hektar mal 6000“, antwortet er auf die Frage, ob er eine vage Ahnung hat, wie viele Bäume dieser Wald wohl zählen mag, der in Teilen den durch die Braunkohle zerstörten letzten Urwald Nordrhein-Westfalens ersetzen soll. 9,6 Millionen lautet die Antwort.
Günter Rosenland lässt an seiner Liebe zur Natur keinen Zweifel aufkommen, die für ihn ein komplexes Geflecht inklusive Mensch ist. „Wir müssen den Wald so aufbauen, dass spätere Generationen ihn nutzen können — mit Holz und Wild. Wir haben auch einen Wald übernommen.“
Schon jetzt könne die Sophienhöhe „der Bevölkerung und Unternehmen 5000 Raummeter Holz im Jahr zur Verfügung stellen“, obwohl sie in erster Linie ein natürliches Erholungsrefugium ist. Alles eine Frage des Gleichgewichts und ein Kreislauf. Rosenland: „Was macht die Natur, wenn man sie einfach lässt?“ Pause. „Sie macht Wald!“ Ihn wird er in den nächsten Jahren erstmals als Externer beobachten — mit Wehmut, wie er zugibt.