Städteregion : Diakonisches Werk: Fast 80 Mitarbeitern droht Kündigung
Städteregion Schon im September hatte es sich angekündigt, seit Freitag nun besteht Klarheit: Beim Diakonischen Werk im Kirchenkreis Aachen droht mehr als der Hälfte der derzeit 147 Mitarbeiter die Kündigung. Was unsere Zeitung vorab exklusiv berichtet hatte, wurde von Vorstand und Aufsichtsrat des Vereins am Freitag offiziell bestätigt.
„Seit unserer Gründung im Jahr 2000 waren wir wirtschaftlich und finanziell immer sehr schlank aufgestellt“, blickt der Aufsichtsratsvorsitzende Malte Duisberg zurück. Weil sich die Finanzlage dann aber seit 2015 stetig verschärft habe und in diesem Jahr ein Defizit von mehr als einer halben Millionen Euro zu erwarten sei, soll jetzt ein in dieser Woche von der Mitgliederversammlung genehmigtes Sanierungskonzept greifen. „Dazu gibt es keine Alternative. Ohne entsprechende Einschnitte wäre das gesamte Diakonische Werk in seinem Bestand gefährdet“, betont der geschäftsführende Vorstand Marion Timm.
In den vergangenen Monaten, so berichtet Timm, seien mit Hilfe einer externen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft alle Geschäftsfelder untersucht worden — mit dem Ziel, die Bereiche ausfindig zu machen, die kostendeckend arbeiten und dies auch in Zukunft tun können.
Die Schuldnerberatung gehört demnach nicht dazu und soll deshalb zum 31. Dezember geschlossen werden. Betroffen sind zwei Anlaufstellen in Aachen (Vaalser Straße und Nadelfabrik) sowie das Büro in Alsdorf. Zur Disposition stehen zudem die Suchthilfe in Stadt und Altkreis Aachen, die Diakoniestation in Baesweiler, die Aachener Bahnhofsmission, die Beratungsstelle „Anker“, die Fachstelle Sexueller Missbrauch sowie die Angebote „Starte klar“ und „Wellcome“ im Rahmen der Frühen Hilfen — allesamt in Alsdorf.
Immerhin aber besteht noch Hoffnung, weil das Diakonische Werk nach eigener Aussage in Gesprächen mit möglichen Partnern oder Übernehmern ist. „Und dabei handelt es sich ausschließlich um Träger der Wohlfahrtspflege“, meint Marion Timm. Bei der Bahnhofsmission und der Fachstelle sei dies beispielsweise die Wabe und bei der Suchthilfe die Caritas. Im Falle der Diakoniestation gibt es laut Timm mit der Caritas und der Johanniter-Unfall-Hilfe sogar zwei Interessenten.
„Ziel ist es, möglichst viele Arbeitsplätze zu erhalten und die gute Beratungsarbeit fortzuführen“, betont Vorstandsmitglied Pfarrer Erik Schumacher. „Sollten sich allerdings für diese Bereiche keine Übernahmen oder neue Finanzierungsmöglichkeiten ergeben, kann es zur Schließung kommen.“ Davon wären im schlimmsten Fall knapp 80 Mitarbeiter betroffen.
Bis Ende des Jahres hoffen Vorstand und Aufsichtsrat auf „belastbare Aussagen“ von den Verhandlungspartnern. „Es gibt aber kein festgelegtes Datum, bis zu dem der Prozess abgeschlossen sein muss“, sagt Schumacher.
Unabhängig davon soll die Verwaltung des Diakonischen Werkes „verschlankt“ werden in den drei bestehenden Abteilungen Personal, Kostenrechnung und Finanzbuchhaltung. „Denkbar ist, dass wir die verbleibenden Aufgaben extern vergeben“, erläutert Marion Timm. Und auch die Aufgabe des Stammsitzes in der Frère-Roger-Straße in Aachen sei ein Thema. Kleinere und kostengünstigere Räume könnten ebenfalls einen Beitrag zur Konsolidierung darstellen, stellt Marion Timm fest.
„Zahlen sind leider eindeutig“
Am Nachmittag fand in Aachen eine außerordentliche Mitarbeiterversammlung statt, bei der Vorstand und Aufsichtsrat die Betroffenen über die Details des Sanierungskonzeptes informierten. Mit Streiks oder anderen Maßnahmen der Belegschaft sei trotz der drohenden Kündigungen aber nicht zu rechnen, betont die stellvertretende Vorsitzende der Mitarbeitervertretung, Marliese Thelen. Denn: „Wir wir waren von Anfang an in alle Prozesse eingebunden. Und die Zahlen sind leider eindeutig.“