Kreis Heinsberg: Das individuelle Potenzial des pädagogischen Fachpersonals zählt

Kreis Heinsberg : Das individuelle Potenzial des pädagogischen Fachpersonals zählt

„Jeder Mensch hat seine Qualitäten. Der eine ist kreativ, weltoffen und neugierig, der andere betrachtet die Welt objektiv und nüchtern. Wieder andere Menschen sind spontan oder haben emotionale Qualitäten.

Die einen denken innovativ und wollen etwas riskieren, andere leben konservativ in festen und sicheren Strukturen”, sagt Erik Bosch, der seit einigen Wochen zu Gast ist bei der Lebenshilfe für Behinderte im Heinsberg.

Der bekannte niederländische Autor zahlreicher pädagogischer Fachbücher setzt sich seit vielen Jahren mit der Begleitung von Menschen mit Behinderung auseinander. Dabei richtet er sein Augenmerk auch auf die individuellen Potenziale des pädagogischen Fachpersonals.

„Die Vielfalt menschlicher Qualitäten zeichnet die gemeinsame Arbeit in einem pädagogischen Team aus”, so Bosch, „Nur müssen wir unsere Qualitäten oft erst entdecken - und dosieren lernen! Denn wer seine Qualitäten erkennt und kritisch reflektiert, kann sie in seinem Beruf richtig einsetzen.”

In mehreren, jeweils zweitägigen Kleingruppen-Workshops hat der niederländische Heilpädagoge intensiv mit den insgesamt über 250 pädagogischen Fachkräften der verschiedenen Wohneinrichtungen der Lebenshilfe die Arbeit mit Menschen mit Behinderung reflektiert.

„Wir wollen in unseren dezentral organisierten Wohneinrichtungen für Menschen mit Behinderung im gesamten Kreis Heinsberg nicht nur pädagogische Standards gemeinsam mit unseren Fachkräften weiterentwickeln. Wir möchten auch unsere Lebenshilfe-Philosophie einerseits kritisch hinterfragen und andererseits inhaltlich ausbauen”, so Ursula Siemes, stellvertretende Geschäftsführerin der Lebenshilfe.

„Die Lebenshilfe ist ein Elternverein, der sich in den letzten Jahrzehnten ständig weiter entwickelt hat mit dem Ziel, allen Menschen mit Behinderung im Kreis Heinsberg ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Heute begleiten wir 1500 Menschen in der Region und wollen ihnen ein Höchstmaß kompetenter Begleitung bieten. Da ist es wichtig, dass wir unsere fachlichen Qualitäten ständig hinterfragen und uns weiter qualifizieren.”

Bei einer Abschlussveranstaltung in der Heinsberger Stadthalle referierte Erik Bosch vor über 280geladenen Pädagogen und Erziehern sowie Eltern von Menschen mit Behinderung und reflektierte seine Workshop-Erfahrungen der letzen Wochen bei der Lebenshilfe. „Wir haben uns ausführlich über philosophische und pädagogische Fragen ausgetauscht, da gab es viele spannende Gespräche”, resümierte Erik Bosch, „etwa die Frage, was unser Leben lebenswert macht.

Es sind Aspekte wie Beziehungen, Freiheit oder gegenseitiger Achtung. Auch die Frage unserer Grundhaltung in der zwischenmenschlichen Begegnung haben wir gemeinsam mit Begriffen wie Respekt, Autonomie, Menschenrechte oder Emanzipation zu erklären versucht und auf die Behindertenarbeit übertragen.”

Früher habe man gesagt, dass man für den zu Betreuenden nur das Beste wolle. Aber für den anderen das Beste wollen, bedeute meist, dass man über dessen Kopf hinweg bestimme, was für ihn das Richtige sei. „Damit schränken wir die Rechte des anderen ein. Hier hat sich die Pädagogik verändert. Wir wollen, dass der Klient im Mittelpunkt steht. Wir legen gemeinsam mit ihm Werte und Normen zwischenmenschlichen Zusammenlebens fest. Denn es ist unser Ziel, Menschen mit Behinderung ein möglichst selbst bestimmtes Leben zu ermöglichen.”

Auch der gemeinsame Austausch und die Zusammenarbeit zwischen Eltern und Fachpersonal ist und bleibt ein wichtiger Aspekt, den die Lebenshilfe als Elternverein besonders betont, so Erik Bosch: „Die Kommunikation zwischen Eltern und Betreuer ist so wichtig. Wir brauchen den Dialog, denn wir können uns gegenseitig in unseren Erfahrungen ergänzen.”