Behinderte sollen aktiv am Leben teilhaben können

Behinderte sollen aktiv am Leben teilhaben können

Kreis Heinsberg. Anlässlich seiner Jahreskonferenz hatte der Paritätische Wohlfahrtsverband im evangelischen Gemeindezentrum in Erkelenz zu einer Podiumsdiskussion eingeladen.

Unter dem Titel „Wie mobil ist der Kreis Heinsberg?” bezogen Experten Stellung zu Fragen des behindertengerechten Personennahverkehrs. Vor dem Gemeindezentrum hatten zwei der Gesprächsteilnehmer „praktisches Anschauungsmaterial” geparkt: Der kompakte „Multibus” für den flexiblen Nahverkehr sowie ein moderner rollstuhltauglicher dreiachsiger Reisebus der Waldfeuchter Firma von den Driesch mit Hebebühne und gesicherten Stellplätzen für Rollstühle durften bestaunt und bestiegen werden.

Der Multibus findet in den bevölkerungsarmen Bereichen Gangelt, Selfkant und Waldfeucht bedarfsorientiert Einsatz. Er kann 25 Fahrgäste, aber auch Rollstühle und Kinderwagen problemlos transportieren, wie der ÖPNV-Betriebsleiter der West, Helmut Hoffmann, erläuterte.

Bei der anschließenden Podiumsrunde mit Verkehrsexperten aus dem Kreis, die von Vorstandsmitglied Wilfried Mercks moderiert wurde, waren sich die Beteiligten schnell einig: „Den behindertengerechten Verkehrsraum gibt es nicht.” Hans-Georg Wambach von der Servicestelle „Rehabilitation” des Kreises betonte, dass es bei dieser Diskussion nicht um Krankenfahrten gehe, sondern um „die aktive Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft”, die dem Behinderten ermöglicht werden müsse. Er wies darauf hin, dass jedem Gehbehinderten vier solcher Fahrten pro Monat zustünden, die jedoch nicht als Arztfahrten verwendet werden könnten.

In der Verkehrsplanung würden Rollstuhlfahrer noch immer als „Standardbehinderte” behandelt. Dies gelte auch für die meisten Bemühungen im ÖPNV, wie Hoffmann einräumte.

Behüteter Fahrdienst

Von den 171 Bussen der West seien rund 40 mit Klapphaken und Haltevorrichtungen für Rollstühle ausgebaut sowie auf Bordsteinhöhe absenkbar. Dafür habe die West rund 800.000 Euro investiert. Für den so genannten „behüteten Fahrdienst” arbeite man mit Unternehmern wie Willi von den Driesch zusammen. Dieser hob hervor, dass sein Unternehmen seit 1968 für die Oberbrucher Lebenshilfe arbeite.

So würden rund 1000 Behinderte täglich sicher und betreut von ihrer Haustür bis zur Schule oder Arbeitsstätte gebracht. Den behindertengerechten Bustransport bezeichnete er als „mühsames Geschäft”, an dessen Zukunft er jedoch glaube. Auf die Frage nach behindertengerechten Urlaubsangeboten im Kreisgebiet berichtete Patricia Mees von einigen positiven Entwicklungen. So achteten Museen und Hoteliers zunehmend auf Behinderte und deren Bedürfnisse.

Darüber hinaus sei es jedoch schwierig, sagte die Geschäftsführerin des „Tourist Service Heinsberg”, das touristische Konzept im Kreis Heinsberg auf eine behinderte Zielgruppe zuzuschneiden. Von der Anreise über die Fortbewegung bis zur Unterbringung sei noch viel zu tun. „Eine Öffnung findet langsam statt.” Zusammenfassend erklärte Moderator Wilfried Mercks, man sei „verkehrspolitisch im Kreis auf dem richtigen Weg”.

Zudem werde der Paritätische Wohlfahrtsverband sich noch intensiver für die Belange Behinderter stark machen. „Es wird Zeit, dass die erste Kommune im Kreis einen Behindertenbeirat bekommt”, erklärte Mercks. Die „Aufgeschlossenheit der Politik gegenüber der Beteiligung Behinderter” müsse getestet werden.

Bei den anschließenden Vorstandswahlen wurden Mercks und Erich Dohmen als Vorsitzende sowie Christel von den Lohe und Marianne Bückers in ihren Ämtern als Beisitzer bestätigt.