Aachen : AZ-Forum Medizin: Wenn durch Schmerz jede Bewegung zur Qual wird
Aachen Unsere Hände und Finger sind im Alltag permanent im Einsatz: Häufig greifen wir nach etwas. Wir berühren uns und fühlen. Wir lassen etwas fallen, heben es auf. Auch die Schultern sind ständig in Bewegung. Alltägliche Handlungen wie das Spülen, Kochen und Staubsaugen, aber selbst die Arbeit am Computer beanspruchen und belasten die oberen Extremitäten.
Durch die Überlastung und Fehlbelastung sind Schmerzen die Folge. Häufig klagten Patienten über umfassende Beschwerden in Schultern, Armen, Händen, da müsse man nachforschen, wo die Ursachen liegen, sagt Orthopäde Felix Graf Stenbock-Fermor aus der alltäglichen Praxis. Was zu tun ist und welche Therapiemöglichkeiten es gibt, haben beim AZ-Forum Medizin von Aachener Zeitung und Uniklinikum zum Thema „Von der Schulter bis zu den Fingerspitzen“ fünf Experten erläutert.
Bereits eine Stunde vor Beginn der Veranstaltung sind die Plätze im Großen Hörsaal 4 fast vollständig besetzt. Um 18 Uhr begrüßt Sabine Rother, Redakteurin der Aachener Zeitung, die rund 500 Gäste zum Forum im Aachener Uniklinikum. Mitten unter den Besuchern ist auch eine 76-jährige Zuhörerin aus Aachen. „Ich habe seit Jahren immer wieder Schmerzen in der linken Hand. Ich habe schon verschiedene Therapien ausprobiert. Aber die Schmerzen kommen immer wieder“, erzählt sie ganz verzweifelt. So wie ihr geht es vielen, die sich in dem Hörsaal versammelt haben. Von den Experten erhoffen sie sich weitere Erkenntnisse und Klarheit zu ihrem Krankheitsbild.
In der größten Sprechstunde der Region gibt es keine Wartezeit — jeder kommt dran und darf den Experten ganz individuelle oder allgemeine Fragen stellen. Das macht auch der 75-jährige Theodor Müller. Er möchte von den Experten wissen, ob sich eine Operation in seinem Alter überhaupt noch lohnt. „Wir müssen immer den Einzelfall betrachten und dann entscheiden, ob wir mit den konservativen Therapiemöglichkeiten weiter kommen oder eine Operation notwendig ist“, sagt Niklas Haberstroh, Unfallchirurg am Luisenhospital Aachen. Gerade die Arthrose sei eine individuelle Krankheit, bei der sowohl der Verlauf, als auch die Intensität ganz unterschiedlich sein können. Die Behandlung reiche von Physiotherapie bis hin zur Arthrose-Gelenk-Op, bei der beispielsweise eine Teil-Prothese eingesetzt werden kann.
Damit nicht genug. Immer mehr Besucher fassen Mut und stellen den Experten ihre Fragen. „Was kann ich tun, um das Voranschreiten meiner Arthrose zu verlangsamen?“ möchte eine Frau wissen. Physiotherapeutin Anne Gehrmann weist darauf hin, dass es wichtig sei, die Finger und Hände zu entlasten. Spezielle Fingerübungen, wie zum Beispiel das Kneten eines Balles können helfen. Es sei aber auch wichtig, aktiv zu bleiben. Neben den Behandlungen beim Physiotherapeuten müsse man auch zu Hause versuchen, sich sportlich zu betätigen.
Die Frage nach Alternativtherapien schließt sich an, ebenso die Frage, wie empfehlenswert diese sind. Die Experten warnen die Besucher vor Scharlatanen, die ein Verfahren anpreisen, das besonders schnelle Besserung der Beschwerden verspricht und die Patienten damit lockt. Meistens seien diese Alternativtherapien kostspielig und würden in den meisten Fällen nicht den gewünschten Effekt erzielen.
Sportverletzungen, Maus-Arm, Arthrose, Rheuma, Knochenbrüche und Entzündungen — die Besucher des Forums haben ganz unterschiedliche Krankheitsbilder und Beschwerden. Doch die Angst vor einer möglichen Operation, die häufig immer wiederkehrenden Schmerzen und Probleme, kennen sie alle. Gerade wenn es um das Thema Arthroskopie geht, sind die Meinungen verschieden. Die Experten können die Patienten zumindest in einem Punkt beruhigen. Der etwa ein Zentimeter kleine Schnitt hinterlasse fast keine Narbe. Die Patienten müssten sich immer die Frage stellen, welche mögliche Alternative sie haben.
Konservative Therapien
Norbert Corsten von der Praxisklinik Orthopädie Franziskushospital, weist zum Beispiel darauf hin, dass es bei vielen Erkrankungen gute, konservative Therapiemöglichkeiten gebe: Schmerzgel, Bandagen, Krankengymnastik, Kühlung und Schonung seien nur ein paar Möglichkeiten, um Verletzungen zu behandeln. Eine Frau aus dem Publikum meldet sich und merkt an: „Ich hatte viele Jahre heftige Schmerzen in der Schulter. Dann wurde ich operiert. Nun bin ich seit drei Jahren schmerzfrei. Mir geht es großartig.“
Nicht alle Patienten haben dieses Glück. Viele Besucher bemängeln, dass sie das Gefühl haben, von Arzt zu Arzt geschickt zu werden, ohne eine richtige Diagnose zu bekommen. Professor Markus Tingart, Direktor der Klinik für Orthopädie im Uniklinikum Aachen, ist sich sicher: „In den meisten Fällen versuchen wir einen operativen Eingriff zu vermeiden. Es gibt aber auch Fälle, da ist eine Operation die letzte Möglichkeit.“ Wichtig sei, dass man mit den Patienten im Gespräch bleibe und ihnen erkläre, welche Therapiemöglichkeiten sie haben.