Städteregion: AVV: Ziel ist flächendeckende Barrierefreiheit

Städteregion : AVV: Ziel ist flächendeckende Barrierefreiheit

2500 „Haltestellen-Kanten“ steuern Linienbusse in der Städteregion im Auftrag des AVV an. Der Ausdruck mag irritieren, doch genau diese Kanten sind oftmals das Problem. Denn viele Bushaltestellen sind nicht barrierefrei. „Wir haben es in den Kommunen mit zum Teil erheblichen Unterschieden zu tun“, weiß Bettina Herlitzius.

Genauere Informationen liegen der Verwaltung allerdings bis dato nicht vor. Anders als in der Stadt Aachen, wo in den vergangenen Jahren ein Haltestellenkataster aufgebaut worden ist, hat es in den neun Kommunen des früheren Kreises Aachen noch keine systematische Bestandsaufnahme gegeben. Wohl auch deshalb hat die städteregionale Inklusionsbeauftragte in dieser Angelegenheit einen ausgewiesenen Fachmann hinzugezogen: Hans Joachim Sistenich, langjähriger Geschäftsführer des AVV und mittlerweile als dessen Berater tätig, will sich in seiner neuen Funktion dafür stark machen, dass Busfahren auch für Menschen mit Behinderung in Zukunft in der ganzen Städteregion uneingeschränkt möglich sein.

„Das ist ein schwieriges Unterfangen, weil dafür ein breiter Abstimmungsprozess erforderlich ist“, schränkt Sistenich ein. Schließlich müssen sich Kommunen, Kreise, die Städteregion, Land und Bund als Straßenbaulastträger auf einheitliche Standards einigen. Und diese dann auch umsetzen. Der 63-Jährige ist dennoch zuversichtlich, dass es in Sachen Barrierefreiheit einen Durchbruch geben könnte. Nicht innerhalb weniger Tage, aber vielleicht im Laufe des nächsten Jahres. „Denn erstmals wird dieses Thema ganzheitlich betrachtet“, sieht Sistenich schon einen ersten Schritt in die richtige Richtung gemacht. Bereiche wie Infrastruktur, Informationen, Fahrzeuge und Personal sollen unter die Lupe genommen und besser aufeinander abgestimmt werden — allesamt mit dem Ziel, einem wirklich barrierefreien ÖPNV möglichst rasch nahezukommen.

Hans Joachim Sistenich hat, was das weitere Vorgehen angeht, klare Vorstellungen. Der Bestandsaufnahme soll der Aufbau einer Datenbank folgen und die wiederum die Grundlage für die Arbeit einer interkommunalen Arbeitsgruppe bilden. „Wenn dann verbindliche Standards für die Haltestellen festgelegt worden sind, wird es um die Prioritäten beim Ausbau gehen.“ Dabei sind Kriterien wie Fahrgastzahlen, Bedeutung der Haltestelle im Netz und die Entfernung zu wichtigen Einrichtungen — etwa Krankenhäuser, Verwaltungen oder Kultureinrichtungen — zu berücksichtigen.

Am Ende, von dem Hans Joachim Sistenich hofft, dass es kein dickes Ende sein wird, steht dann die Frage der Finanzierung. „Wenn wir alle Haltestellen in der Städteregion barrierefrei einrichten wollen, haben wir es mit einem zweistelligen Millionenbetrag zu tun“, stellt er klar — und räumt ein, „dass dieses Geld im Moment nicht zur Verfügung steht“. Die verantwortlichen Träger sollen sich deshalb frühzeitig um Fördermittel des Bundes und des Landes bemühen, die sukzessive, entsprechend des schrittweisen Umbaus der Haltestellen, abgerufen werden können. Die gern zitierte „Kostenneutralität“ sei allerdings nicht zu erreichen: „Die Kommunen werden mindestens zehn bis 15 Prozent der Kosten übernehmen müssen.“

Diese Ankündigung dürfte in manchem Rat und mancher Fraktion für Ernüchterung sorgen. Und dennoch ist der ehemalige AVV-Geschäftsführer zuversichtlich. „Es ist uns erstmals gelungen, alle Baulastträger an einen Tisch zu bekommen und dadurch ein neues Bewusstsein zu schaffen. Es setzt sich die Erkenntnis durch, dass wir nur gemeinsam die Chance haben, etwas Substanzielles zu bewirken.“ Und in diese Kategorie gehört für ihn, daran lässt Sistenich keine Zweifel, die flächendecke Barrierefreiheit der Haltestellen.