Kreis Heinsberg: Ausstellungen des Ausnahmekünstlers Michel Saran sind wie eine Zeitreise

Kreis Heinsberg : Ausstellungen des Ausnahmekünstlers Michel Saran sind wie eine Zeitreise

„Kieken musst du schon allene“. Mit diesem prägnanten und einfachen Satz lud Boris Saran die Gäste im Heinsberger Begas-Haus dazu ein, die neue Ausstellung zu betrachten. Nicht aber zu seiner eigenen, doch zu der seines Vaters Michel Saran mit dem gleichnamigen Titel „Michel Saran - Maler“.

Der in Erkelenz lebende Künstler studierte Ende der fünfziger Jahre freie Malerei an der Akademie der bildenden Künste in Dresden. Als nach einem Frankreichaufenthalt die Mauer den Weg nach Dresden versperrte, entschloss er sich, im Westen zu bleiben. Zu seinem nun 80-jährigen Geburtstag findet eine große Doppelausstellung im Stadtgebiet statt, die neben den 50 Werken im Begas-Haus auch noch weitere 30 Werke im Horster Hof des Kunstvereins in Unterbruch umfasst.

Dr. Richard Nouvertné, Vorsitzender der Sparkassen-Kunst-Stiftung, verpackte in seiner Begrüßung Sarans Lebensweg in einem persönlichen Triptychon, ursprünglich einer Art der Malerei, bei der drei einzelne Bilder ein Gesamtwerk bilden und das ein Merkmal der Arbeiten Michel Sarans darstellt. Die Lehrtätigkeit des Künstlers am KGH war das erste Bild, was entstand. Er übte sie neben seiner eigentlichen Leidenschaft aus. „Ohne Anzug, ohne Krawatte und das an dieser konservativen Schule“, fügte Richard Nouvertné hinzu, selbst ehemaliger Schüler Sarans. Der unbestechliche Maler, der seiner Schule nur eines seiner Werke zur Verfügung stellen wollte, wenn alle drei Bestandteile des Werkes auch gezeigt werden durften, obwohl eines der Teile zu vielen Kontroversen führte, war das zweite Bild. „Schlussendlich ist er aber auch ein sehr neugieriger Maler, der sich in seinen Bildern immer neuen Problemen und Fragen widmet“, schloss Nouvertné sein Triptychon.

Die Ausstellung an der oberen Hochstraße zeigt eine Retrospektive des Schaffens von Saran, der sich über die Jahre hinweg sowohl mit der abstrakten als auch mit der gegenständlichen Malerei beschäftigt. „Ich habe Bilder, die mit 2015, 2016 und 2017 signiert sind“, führte Saran aus. Oft würde er gefragt, warum er denn immer dieselben Bilder male. Seine Antwort würde dann lauten: „Ich bin doch nicht immer derselbe Mensch“, manchmal müsse man fertig geglaubte Bilder auch noch einmal verändern.

Allerdings ist der gebürtige Halberstädter keineswegs ein Mensch, der sich mit nun 80 Jahren zur Ruhe setzt. „Das schlimmste ist, wenn man eine längere Pause macht und dann vor einer leeren Leinwand steht“, stellte er klar. Die Kunst der Malerei bestehe oft „im Weglassen“, da dann schon das Rohmaterial für das nächste Bild zur Verfügung stehe.

Aktmalerei ein wichtiger Aspekt

Das aktuellste Rohmaterial, was seinen Weg auf die Leinwand gefunden hat, ist deshalb im Horster Hof des Kunstvereins Heinsberg zu sehen. Seine neuesten Werke beschäftigen sich wieder mehr mit abstrakten Formen, aber auch der Aktmalerei. Besonders fasziniert zeigte sich Kuratorin Ingrid Trantenroth-Scholz von dem Einsatz der Rahmen der Bilder, die teilweise doppelt sind oder auch von Saran übermalt werden und für neue Werke eher unüblich sind. Aber auch die Aktmalerei sei ein wichtiger und keinesfalls unbedeutender Aspekt, der in der aktuellen „Me-too“ Debatte zunehmend kritisch gesehen wird. „Als junge Kunststudenten in Dresden haben wir eine Anzeige geschaltet, in der wir Aktmodelle suchten. Zwei Tage später hatten wir zehn hübsche Frauen vor uns stehen und wir konnten es kaum glauben“, führte Michel Saran weiter aus. Allerdings lässt auch ihn die heutige Debatte nicht kalt, was unter anderem mit der neusten, sehr abstrakten Aktmalerei ihren Ausdruck findet. Ihr Titel lautet „Nein“.

Wie aktuell und zeitlos Sarans Werke sind, ließ sich auch an der Anzahl der Besucher beider Vernissagen feststellen. Im Begas-Haus war es so eng geworden, dass sich Museumsleiterin Dr. Rita Müllejans-Dickmann kurzerhand entschloss, in das Dachgeschoss des alten Gebäudes umzuziehen. Auch sie war sehr froh, so einen tollen Künstler aus dem Heinsberger Lande zu begrüßen und vor allem seine Werke ausstellen zu dürfen. Dennoch konnte sie sich einen kleinen Seitenhieb gegenüber den Stadtoberen nicht verkneifen, das Begas-Haus doch nun endlich zu vergrößern, was mit großem Applaus quittiert wurde.

Ebenso groß war der Applaus für all diejenigen, bei denen sich Michel Saran aus ganzem Herzen bedankte, vor allem bei seinen langjährigen Freunden Dettmar Fischer und Willi Lennartz sowie dem Begas-Haus, der Sparkassen-Kunst Stiftung und dem Kunstverein Heinsberg. Im Anschluss strömte die Vielzahl von Besuchern in die Ausstellung. Einige schienen ganz in die Werke von Michel Saran versunken zu sein, was allerdings auch nicht erstaunlich war, denn „kieken“ muss man ja bekanntlich „allene“.