Heinsberg: Auch mit 52 nicht zu alt für die Schulbank

Heinsberg : Auch mit 52 nicht zu alt für die Schulbank

Geburtenrückgang, steigende Lebenserwartung, Rente erst mit 67 - die Gesellschaft befindet sich im Umbruch. In den kommenden Jahren werden ältere Mitarbeiter für die Unternehmen und Verwaltungen zunehmend an Bedeutung gewinnen. Glaubt man den Prognosen der Demographen und Wirtschaftsexperten, wird der Jugendwahn vergangener Jahre wohl eine herbe Schlappe erleiden.

Für die Arbeitnehmer heißt dies, dass ihre Qualifikation bis ins fortgeschrittene Alter nicht nur gefragt sein wird, sondern einer stetigen Auffrischung oder Weiterentwicklung bedarf.

Gerd von Helden von der Stadtverwaltung in Heinsberg ist einer von denen, die das erkannt haben. Der 52-Jährige schaffte jetzt als mit Abstand ältester Teilnehmer am Angestelltenlehrgang II des Studieninstituts für kommunale Verwaltung in Aachen die beruflichen Voraussetzungen für einen Sprung in den Tätigkeitsbereich des gehobenen Dienstes. Und in Heinsberg soll dies kein Einzelfall bleiben.

Viele Kreisstädter werden sich vielleicht noch an den freundlichen, schlanken Herrn erinnern, der bis zum Jahr 2000 zehn Jahre lang den Stadtdirektor und den Bürgermeister zu den Terminen kutschierte. Für von Helden gehörte dies zu seinen Aufgaben beim Hauptamt, in dem er eingesetzt war.

1990 war der gelernte Kaufmann im Groß- und Außenhandel von der Strafvollzugsverwaltung in Willich nach Heinsberg gewechselt. Kurioser Weise, um sich jeden Tag einige Fahrtkilometer zu ersparen. Der Einsatz als Chauffeur zu allen möglichen und unmöglichen Uhrzeiten habe da keinen Raum gelassen, noch an der eigenen beruflichen Weiterentwicklung zu arbeiten, sagt von Helden.

„Damals war an eine Fortbildung nicht zu denken.” Dass er alleinerziehender Vater eines Sohnes war, dürfte die Situation sicher nicht erleichtert haben.

Auf eigenen Wunsch ließ sich der heute 52-Jährige im Jahr 2000 schließlich ins Ordnungsamt versetzen. „Als mein Sohn dann 2003 nach Bonn ging, um Archäologie zu studieren, entstand irgendwie ein Loch”, erinnert sich von Helden. „Das soll es jetzt gewesen sein?”, habe er sich seinerzeit gefragt. Mitnichten! Von Helden packte es an und setzte sich mit Mitte Vierzig noch einmal auf die Schulbank.

Unterstützt von seinen Vorgesetzten, zog er von 2004 bis 2006 zunächst den Angestelltenlehrgang I der kommunalen Verwaltung durch, um nur ein Jahr später schon mit dem zweiten Lehrgang zu beginnen, der ihm jetzt als frisch gebackenem Verwaltungsfachwirten die Möglichkeit eröffnen kann, Tätigkeiten im gehobenen Dienst der Verwaltung zu übernehmen.

Der zweitälteste Teilnehmer an der Ausbildung am Studieninstitut, eine Dame, sei immerhin 16 Jahre jünger gewesen als er, meint von Helden. „Die wesentlich jüngeren Mitschüler haben mich das aber nie spüren lassen”, freut sich der 52-Jährige.

Das kann seine 31 Jahre alte Kollegin Kathrin Heitzer, die als eine von Zweien, den selben Lehrgang wie von Helden mit der Traumnote „Sehr gut” abschloss, nur bestätigen. „Ich finde das auch sehr beeindruckend. Dem Kollegen ist dazu nach der mündlichen Prüfung besonders gratuliert worden.”

In rund 1000 Stunden wühlten sich die beiden Heinsberger durch die Fächer Methodik der Rechtsanwendung, Handlungs- und Sachkompetenz, Staats- und Verwaltungsrecht, Bürgerliches Recht, Personal und Organisation, Wirtschaft und Öffentliche Finanzwirtschaft.

„Nach meiner Auffassung ist eine persönliche Fortbildung für einen selbst, aber auch für die Dienststelle förderlich”, glaubt von Helden. Erfreulich sei dabei gewesen, dass die Kollegen seinem Vorhaben durchweg positiv gegenüberstanden.

Ob der Eine oder Andere es ihm allerdings gleichtun wird, bleibt abzuwarten. „Ich weiß nicht, ob ich den Mut hätte, das zu tun”, habe er immer wieder zu hören bekommen, sagt von Helden.