Stolberg/Monschau : Anneliese Casteel: Langes Leben stets von der Kunst bestimmt
Stolberg/Monschau Seit zwei Jahren lebt Anneliese Casteel in Monschau. Hoch über den Dächern der historischen Altstadt und unterhalb der mächtigen Burganlage hat die 93-Jährige in direkter Nachbarschaft zum Maria Hilf-Stift einen wunderschönen Platz für das Betreute Wohnen im Haus Antonius gefunden.
Der Blick aus dem Wohnzimmer geht weit über Rahmenberg und Rosental hinaus. In der hübschen Wohnung herrscht Leben; hier wird gearbeitet: Im Flur stapeln sich Ölgemälde unterschiedlichen Formats, ebenso auch im Schlafzimmer.
Neben der Küchenzeile steht eine Staffelei, auf den Fensterbänken liegen Farbtuben und Pinsel in allen Größen. Anneliese Casteel steckt mitten in den Vorbereitungen für ihre nächste Ausstellung. Ihr Sohn unterstützt sie zwar bei der Logistik, aber bei der Auswahl der Arbeiten und der Konzeption der Ausstellung entwickelt die 93-Jährige klare Vorstellungen.
Die anstehende Ausstellung umfasst rund 70 Werke, die ab dem 22. Oktober im Kreuzgang des Monschauer Auklosters zu sehen sein werden und einen Querschnitt ihres umgangreichen künstlerischen Schaffens zeigen.
Mit 93 noch eine Ausstellung mit Vernissage, Gesprächen und anschließender Aufsicht während der Öffnungszeiten? Muss das sein? Diese Fragen stellte sich auch Anneliese Casteel, aber einer ihrer langjährigen Wegbegleiter, Prof. Dr. Michael Schmitz aus Aachen, der auch in die Ausstellung einführen wird, ermutigte sie dazu.
60 Jahre liegt ihre erste Ausstellung inzwischen zurück. Mit der Malerei abschließen kann Anneliese Casteel ohnehin nicht, und die Wirkung ihrer Bilder auf den Betrachter sind ihr auch im hohen Alter als Resonanz wichtig. Ihr gesamtes langes Leben wurde sie von der Kunst geleitet, und auch heute noch verbringt sie rund sechs Stunden am Tag hinter der Staffelei, wo sie mit höchster Konzentration ihre meist filigranen Arbeiten mit noch erstaunlicher sicherer Hand auf die Leinwand bringt und dabei den „Luxus des selbstbestimmten Alleinlebens“ genießt. „Ich habe noch eine unbändige Lust, zu malen“, erzählt die 93-Jährige voller Energie. „Es hört nicht auf“, sagt sie, „und die Hände funktionieren noch“.
Schon als junge Frau wandte sie sich der Kunst zu. 1924 in Aachen geboren, legte sie noch während des Krieges im Jahr 1943 ihr Abitur ab. Nach dem Krieg war sie für zwei Jahre Schülerin des Bildhauers Matthias Corr und besuchte von 1951 bis 1956 die Werkkunstschule Aachen. Als freischaffende Bildhauerin war sie in Baesweiler tätig. Danach lehrte sie viele Jahre als Kunsterzieherin an verschiedenen Schulen. Sie lebte über vier Jahrzehnte in Venwegen, und in dieser Zeit war sie regelmäßig mit Ausstellungen auf der Burg Stolberg und in der Kornelius-Galerie in Kornelimünster zu Gast.
Neben öffentlichen Aufträgen entwarf Anneliese Casteel nach einer Skizze von Hanns Mänhardt auch die Töpferform für die vom Bezirksverein Aachener Presse seit 1966 verliehene Ente an um die Region verdiente Persönlichkeiten. Rund 100 Enten stammen aus der Hand der Bildhauerin, Malerin und graduierten Designerin.
Auch wenn das Gesamtwerk der Künstlerin eine Vielzahl von Stilrichtungen, Techniken und künstlerischen Ausdrucksformen bis hin zur Abstraktion zeigt, gilt die besondere Vorliebe von Anneliese Casteel der Gestaltung von Mandalas. Als Autodidaktin in der Malerei vertritt sie die Auffassung, „dass das Können und Wissen bei der Arbeit kommt“.
Durchweg in ihrer Lieblingsfarbe blau sind die meisten kreisrunden Arbeiten („Der Kreis ist die vollkommenste Linie“) gehalten. Wenn sie dann am Ende auf ihre Mandalas schaut, die sich zum Teil wie dreidimensionale und exakt berechnete geometrische Formen von der Leinwand dem Betrachter entgegenwölben, spürt sie große Zufriedenheit: „Es ist für mich das höchste Glücksgefühl, wenn ein Bild gelingt“, sagt Anneliese Casteel und fügt lachend hinzu: „Dass ich früher kein gute Mathe-Schülerin war, sieht man meinen Bildern nun wirklich nicht an.“
Die Künstlerin ist mit sich im Reinen, und auch wenn nicht alle Phasen ihres Lebens nach Plan verliefen, sagt Anneliese Casteel schon jetzt ohne Einschränkungen und voller Überzeugung: „Ich habe ein glückliches Leben gehabt.“