Heinsberg: Amüsanter Einblick in allerwestlichste Literatur

Heinsberg : Amüsanter Einblick in allerwestlichste Literatur

Ein ganz besonderes Thema wurde im Rahmen der 3. Literatur- und Kunstwochen in der Stadtbücherei Heinsberg vorgestellt.

Es ging um Sprache und Literatur am Niederrhein. Vorgestellt hat dies Dr. Paul Esser, der schon mehrfach in Heinsberg weilte, dann aber aus seinen Romanen las.

Zunächst klang das Thema sperrig und schwer. Wer jedoch Paul Esser kennt, der weiß, dass er auch ein zunächst uncharmantes Thema sehr spannend und interessant darstellen kann.

Esser las aus seinem Buch „Jenseits der Kopfweiden - Sprache und Literatur am Niederrhein”. Dabei erklärt der studierte Germanist, Anglist und Philosoph, der in Köln studierte und heute in Viersen lebt, dass es eigentlich keine Sprache des Niederrheins gibt. So gibt es auch keine Sprachgeschichte.

Und: „Die Dialektautoren sind am Niederrhein leider nicht sehr gut. Es gibt hier keine großartige Literatur so wie in anderen Gebieten. Es tut mir leid.”

Bei der Bestandsaufnahme der niederrheinischen Autoren stieß Esser jedoch auf einige, die sehr bekannt sind. Hanns Dieter Hüsch und Dieter Wellershoff beispielsweise. Als Lesetipps empfahl er „Stadt, Land, Fluss” von Christoph Peters oder „Eine böse Überraschung” von Gisbert Haefs.

Als ein Beispiel las er aus dem Werk von Albert Vigoleis Thelen, der 2003 ein doppeltes Jubiläum hätte feiern können. Der Süchtelner Schriftsteller wäre in diesem Jahr 100 Jahre alt geworden. Und sein Roman „Die Insel des zweiten Gesichts” erschien vor 50 Jahren.

Esser: „Dies ist der einzige Roman eines Niederrheiners mit Weltruhm. Es lohnt sich, ihn zu lesen. Er beschreibt darin seine Wahlheimat Mallorca.” Und dann liest Esser einige Passagen daraus vor. Zunächst geht es um die Taufe eines Jungen am Niederrhein.

Dabei beschreibt Thelen so genau, dass man sich die Taufgesellschaft und die Kneipen, durch welche sie zieht und die daraus resultierenden Situationen sehr genau vorstellen kann. Eine amüsante Einleitung.

Esser gibt kurze Erklärungen zur Sprache, zur Schrift und der Erzählung. Bevor es aber zu trocken wird und eigentlich in eine Germanistikvorlesung passen würde, bricht er ab.

Weitere Passagen aus dem Roman folgen, und er ist sehr unterhaltsam. „Thelens barocker Schreibstil war entgegen der Literatur seiner Zeit. Er hat eine ausschweifende Erzählweise. Zudem ist er ein niederrheinischer Wortjongleur”, so Esser.

Für die Zuhörer dieser ungewöhnlichen Lesung war es ein einmaliges Erlebnis, zudem sie bei Fragen auch unterbrechen durften. Es war ein spannender und amüsanter Einblick in die allerwestlichste Literaturgeschichte - dabei auf hohem sprachlichen Niveau.

Esser zeichnete das facettenreiche Bild einer Landschaft, die mit Kopfweiden und Provinz oft gleichgesetzt wird. Esser, selber Schriftsteller und Vorsitzender des Schriftstellerverbandes Niederrhein, möchte diese Klischees aufreißen. Und mit seinem neuesten Buch ist es auch gelungen.